Das Genfer-Petersburger Komitee für Volksbefreiung wendet sich wieder einmal an euch mit einem dringenden Aufruf:

Besinnt euch, um Gottes Willen, und macht endlich Schluss mit diesem schrecklichen Krieg, der niemandem nützt! Wisst ihr denn überhaupt, dass unsere Armee vor Warschau geschlagen wurde, und dass 150.000 Soldaten, 300 Geschütze und große Mengen verschiedener Kriegsgüter den Deutschen in die Hände gefallen sind? Habt ihr denn gehört, wie viele Russen dort uns Leben gekommen sind oder verwundet wurden? Über 80.000 Menschen!

Ist euch denn bekannt, dass die Österreicher unsere Armee aus der Bukowina vertrieben haben und Czernowitz mit anderen Städten eingenommen? Sind euch die Verluste bekannt?

Habt ihr denn überhaupt eine Ahnung, was für Elend in Warschau herrscht, in demselben Warschau, das jetzt von den Deutschen geplündert wird?

Hat euch denn jemand in Kenntnis gesetzt, dass die französisch-belgische Armee vernichtet ist?

Alles, was man euch wissen lässt, sind nämlich freche Lügen! Es stimmt doch nicht mehr, dass Rumänien auf unserer Seite steht. In Wahrheit kämpft Rumänien gegen uns, hat Bessarabien besetzt, und Bulgarien schickt sich gerade an, Russland den Krieg zu erklären. 

Die russische Armee bietet nach den Niederlagen der letzten Monate ein Bild des Jammers, hat überall den Rückzug antreten müssen und ist nicht mehr imstande, dem Feind das Fürchten zu lehren. 

Berichtet euch jemand davon, dass man bei uns Rekruten und Freiwillige in die vorderste Linie schickt, und das ohne Uniform und Gewehr? Ja, warum? Weil es keine Gewehre mehr gibt, nachdem Deutsche und Österreicher die Waffen am Schlachtfeld unseren Gefallenen und Verwundeten entrissen haben, damit ihre Ersatztruppen, frisch aufgerüstet, wieder auf Russen schießen! 

Ja, russische Mitbrüder, ihr könnt die Wahrheit gar nicht kennen, weil die Zensur fest im Sattel sitzt und die Regierung sich alle Mühe gibt, das Mütterchen Russland mit möglichst viel Unglück zu quälen.

Wir aber, die als Heimatsvertriebene in der freien Schweiz leben können, nehmen jetzt deutlich wahr, dass unser Vaterland knapp vor dem Untergang steht. Glaubt uns, es gibt nur eine Rettung: 

Erhebt euch, alle Daheimgebliebene, erhebt euch wie ein Mann! Ihr habt doch die sofortige Rückkehr eurer Väter, Söhne, Brüder und Familienangehöriger bitter nötig!

Es wurde schon genug unschuldiges Blut vergossen – ohne den kleinsten Sinn und Zweck. Wir brauchen nichts Fremdes! Was geht uns also die Sache Frankreichs und Englands an? Was haben Russen damit zu tun?  

Besinnt euch, Mitbrüder, bevor es zu spät ist - die Lage ist ja aussichtslos! Besteht darauf, dass euch die Regierung die volle Wahrheit enthüllt. Sie schuldet euch Antworten auf folgende Fragen:

Was hat Russland in den letzten sieben Monaten erreicht?

Warum schickte man die vielen Hunderttausende Soldaten in den Tod?

Wozu hat man die Milliarden Nationalvermögen geopfert?

Wo bleibt der Erfolg? Welche Erfolge sind denn überhaupt zu erhoffen?

Was erwartet euch nach dem Krieg?

Auf diese Fragen werdet ihr keine Antwort bekommen. Also müsst ihr selbst die Entscheidung treffen, was zum Wohl des Vaterlandes und zu eurem eigenen Wohl getan werden muss.

Lage auf den Kriegsschauplätzen zum 15. März 1915

Die russische Armee wurde in Ostpreußen von den Deutschen zurückgeworfen und vernichtet. Acht Generäle und 150.000 Mann wurden gefangen genommen und etwa 300 Geschütze erbeutet. Die russischen Verluste an Toten und Verwundeten beliefen sich auf über 60.000 Menschen.

Die österreichisch-deutsche Truppen werden bei Warschau und Osowiec massiert. In den Karpaten kann sich die russische Armee noch halten - durch massenhafte Opferung der Menschen; weitere 8.000 Menschen starben hier im letzten Monat durch Frost.

Die Festung Przemyśl hat kapituliert. Sie musste sich kampflos ergeben, als die Lebensmittel ausgegangen sind. Zuvor zerstörte die Garnison sämtliche detachierten Forts, Brücken und Geschütze. Die Besatzung bestand aus 40.000 kranken Soldaten, die sofort in die russische Kriegsgefangenschaft genommen wurden.

In Bukowina wurde die russische Armee von den Österreichern zurückgeworfen und erheblich dezimiert: 50% der russischen Soldaten fanden den Tod. Die Truppenreste zogen sich hinter die Prut-Dnepr Linie zurück.

Ganz Belgien befindet sich seit Anfang Oktober des letzten Jahres in deutscher Hand, ebenso wie der Norden Frankreichs. Die französisch-britische Armee übt sich, wie schon seit Kriegsbeginn, in Defensive.

Die gesamte englische Küste wird von den deutschen U-Booten vollständig blockiert. Mehrere Kriegstransporter und viele Handelsschiffe wurden bereits von den Deutschen versenkt. Die britische Handelsflotte ist eingestellt worden.

Die britisch-französischen Seestreitkräfte erlitten an den Dardanellen eine Reihe schwerer Niederlagen, bei welchen den Alliierten sechs Panzerschiffe erster Klasse, unzählige U-Boote und etliche Handelsschiffe verloren gingen. Die türkischen Batterien und Positionen trugen keinen Schaden davon.

Gesamtschlussfolgerung: Die Lage der Triple Entente hat sich im Vergleich zum 15. Februar dieses Jahres deutlich verschlechtert.

Genf, 15. März 1915

Brüder!

Seine Majestät der Zar geruhte anlässlich der beginnenden Friedensverhandlungen mit Allerhöchsten Befehl vom 10. Jänner (1915) Folgendes anzuordnen: Ab sofort sind alle Reservisten niederer Ränge, die Familie und mindestens zwei Kindern haben, zu entlassen und zu den Sammelstellen in Warschau, Wilna oder Kiew zu befördern.

Sollten unsere Vorgesetzten die Durchführung des Befehls über die gesetzte Frist hinausschieben wollen und uns entgegen dem Befehl bis zum 1. Februar noch nicht entlassen haben, dann steht es uns zu, die Sammelstellen in Warschau, Wilna oder Kiew zu Fuß zu erreichen. 

Moskauer-Petersburger Heeresorganisation

Befehl

Nr. 465 vom 23. Jänner 1915

Seine Majestät der Zar geruhte mit Befehl vom 10. Jänner 1915 Folgendes anzuordnen:

In Anbetracht der beginnenden Friedensverhandlungen hat am 1. Februar 1915 die Entlassung aller Familienväter niederer Ränge zu beginnen, die als Reservisten dienen und mindestens zwei Kinder haben.

Diejenige der betreffenden Reservisten niederer Dienstgrade, die gegenwärtig ihren Kriegsdienst in der Vorderlinie leisten, sind unverzüglich zu den Hauptsammelstellen in Warschau, Wilna oder Kiew zu befördern.

Vor dem Reiseantritt in die Heimat sind die betreffenden Reservisten mit Verpflegungsgebühr in Bargeld auszustatten.

Für die Echtheit: Generaladjutant Nikolaj

Beglaubigt durch: Generalleutnant Januschkevitsch

Russische Soldaten!

Wir wissen, dass euch die Kommandanten sagen, als Kriegsgefangene der Deutschen oder der Österreicher habt ihr mit schlimmster Misshandlung zu rechnen, und als Heimkehrer werdet ihr nach Kriegsende in Russland harten Strafen ausgesetzt sein.

Wir, Russen, die in der freien Schweiz leben und unentwegt daran arbeiten, unseren geliebten Landsleuten zur Seite zu stehen, bringen euch hiermit zur Kenntnis, dass gemäß den Gesetzen Deutschlands und Österreichs jeder Kriegsgefangene, der arbeiten kann, ohne Rücksicht auf Nationalität, Religion und Alter das Recht hat, nach Kriegsende auf sein Ansuchen hin in diesen Ländern zu bleiben.

Außerdem geben wir euch bekannt, dass den Delegierten unserer Partei das Recht zuerkannt wurde, die Kriegsgefangenenlager in Deutschland und Österreich frei zu inspizieren und sich mit eigenen Augen und durch Gespräche mit den Kriegsgefangenen zu überzeugen, dass ihre Lage überall und in jeder Hinsicht die bestmögliche ist.

Genf, den 1. März 1915

Genfer-Petersburger Komitee für Volksbefreiung

Kommt doch zu uns!

Bei uns bekommt ihr gute Verpflegung!

Nehmt eure Waffen mit!

10 Rubel für jedes Gewehr!

Rennt immer zu fünft, sonst schießen wir!

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Nehmt eure Waffen mit!

10 Rubel für jedes Gewehr!

Rennt immer zu fünft, sonst schießen wir!

Kommt doch zu uns!

Bei uns bekommt ihr gute Verpflegung!

Nehmt eure Waffen mit!

10 Rubel für jedes Gewehr!

Rennt immer zu fünft, sonst schießen wir!