Farbtabellen sprachliche Zusammensetzung

Die Sprachenvielfalt in den habsburgischen Armeen

Die Armeen des Habsburgerreiches

Österreich-Ungarn (1867-1918) besaß drei Armeen. Die k. (u.) k. Armee, die sogenannte gemeinsame Armee, war die einzige Institution nach dem Ausgleich mit Ungarn, welche in der Gesamtmonarchie inklusive Bosnien-Herzegowina tätig wurde. Auf ungarischen politischen Wunsch hin wurde für Ungarn eine Landwehr (Honvéd) gegründet. Um dem nicht nachzustehen, wurde auch für die österreichische Reichshälfte eine Landwehr geschaffen. Die abgebildeten Tabellen beziehen sich vor allem auf die gemeinsame Armee und die österreichische Landwehr.

Die Armeen in all ihren Truppengattungen galten als Spiegelbild der Bevölkerung der Doppelmonarchie. So viele unterschiedliche Nationalitäten es im Soldatenrock gab, so viele verschiedene Sprachen wurden gesprochen. Dieses Sprachengewirr galt es bereits in der Friedenszeit vor 1914 zu administrieren. Während des Ersten Weltkriegs wurde es einem Praxistest unterzogen.

Kommandosprache – Dienstsprache – Regimentssprache

Es gab es drei „Arten“ von Sprachen: die Kommandosprache, die Dienstsprache und die Regimentssprache (auch als National- oder Soldatensprache bezeichnet). Die Kommandosprache war in allen drei Armeen das Deutsche. Es waren rund 80 Begriffe, die von jedem Soldaten während seiner Ausbildungszeit gelernt werden mussten. Die Dienstsprache war die Sprache, derer sich die Armee nach außen bediente und im Verkehr der militärischen Stellen untereinander (wenn etwa das Regimentskommando an das Korpskommando schrieb). Sie war ebenfalls das Deutsche. Die  Ausnahme bildete das Ungarische  in der Honvéd und in ihren kroatischen Truppenkörpern das Kroatische.

Die Farbtabellen nehmen vor allem auf die Regimentssprache Bezug. Hier stand in der gemeinsamen Armee und in der österreichischen Landwehr jedem Soldaten grundsätzlich das Recht zu, in seiner Muttersprache ausgebildet zu werden. Jede Sprachgruppe musste allerdings in einem Regiment (Truppenkörper) einen Prozentsatz von 20% erreichen, um Berücksichtigung zu finden. War eine Sprache anerkannt, so erhielt der Soldat das Recht sich im militärischen Alltag und im Gespräch bis zu seinem Hauptmann in seiner Sprache zu verständigen. Insgesamt brachten es 12 Sprachen zu Regimentssprachen: deutsch, italienisch, kroatisch, polnisch, rumänisch, ruthenisch (ukrainisch), serbisch, serbokroatisch (zeitweise als bosnisch bezeichnet), slowakisch, slowenisch, tschechisch und ungarisch.

Die Regimentssprache wurde ermittelt, indem der Soldat bei der Stellung (Musterung) nach seinen Sprachkenntnissen gefragt wurde. Dass nicht nach der Muttersprache gefragt wurde,  ergab eine größere politische Diskussion, da die Militärbehörden häufig dazu tendierten, jeden, der das Deutsche beherrschte, als deutschsprachig einzureihen. Wie man aus den Farbtabellen ersehen kann, wurde die Sprachkenntnis in dieser Statistik mit nationaler Zugehörigkeit gleichgesetzt. In den Statistiken ist nur am Deckblatt von Sprachen die Rede, in den Rubriken hingegen sind Deutsche, Ungarn und Tschechen genannt. Diese Praxis war üblich. In den Tabellen beigelegten Schreiben nennt es der Chef des Generalstabes gegenüber der Militärkanzlei „nationale Zusammensetzung“.

Die Tabellen weisen interessante Besonderheiten auf. Auffällig ist etwa die Nennung von Ladinern, die sonst in den Statistiken nicht angeführt sind. Außerdem sind neben Serbokroaten auch Serben und Kroaten genannt. Diese Dreiteilung entstammt dem politischen Versuch, in Bosnien eine gemeinsame Landesprache für alle drei Bevölkerungsgruppen (Kroaten, Serben und Muslime) zu schaffen. Diese sollte Bosnisch heißen, danach allerdings (somit im Zeitraum der Tabelle) war Serbokroatisch als Bezeichnung eingeführt worden. Die Praxis in der Armee war allerdings eine andere, was die Tabelle für die Regimenter des k. u. k. Heeres am unteren Ende bei der Aufstellung der bosnisch-herzegowinischen Regimenter erkennen lässt. Als Serbokroaten wurde die muslimische Bevölkerung bezeichnet. Interessant ist, dass es ein rein muslimisches Bosniakenregiment gab, während die anderen gemischt, bestehend aus Serben und Kroatien, zusammengesetzt waren.

Im Ersten Weltkrieg

Im Sommer 1914 waren lediglich 142 Truppenkörper einsprachig. In 162 Truppenkörpern wurden zwei Sprachen, in 24 drei Sprachen gesprochen. Es gab sogar einige Regimenter, in denen vier Sprachen verwendet wurden. Von den 142 einsprachigen Truppenkörpern waren nur 31 deutschsprachig.

Trotz jahrelanger Forderungen der ungarischen Politik hatte Kaiser Franz Joseph die gemeinsame deutsche Kommandosprache und die Dienstsprache deutsch für alle k. u. k. Regimenter auch für jene in Ungarn nicht aufgegeben. Unabhängig von prinzipiellen Standpunkten galt es allerdings ab Kriegsbeginn für die Armeeführung den reibungslosen Ablauf der militärischen Operationen sicherzustellen. Sprachliche Dogmen wurden gelockert. Das den Tabellen beiliegende Schreiben zeigt dies deutlich. Für den dienstlichen Schriftverkehr sollte jene Sprache verwendet werden, die am zuverlässigsten die rasche und sichere Verständigung gewährleisten würde.

Farbtabellen sprachliche Zusammensetzung der k.u.k. Armee

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