Seit den Weihnachtstagen 1915 hatten österreichisch-ungarische Artilleriebatterien auf Seiten der osmanischen Truppen die Halbinsel Gallipoli gegen massive alliierte Angriffe erfolgreich verteidigt. Bevor Kaiser Franz Josef aber dem Einsatz der Gebirgshaubitzen-Division „von Marno“ in Palästina und Syrien im Jänner 1916 zustimmte, soll er bemerkt haben: „Na, ich glaub doch, die seh’n wir nimmer ...“. Die speziell für den „Wüstenkrieg“ ausgerüstete Division hatte jedoch entscheidenden Anteil an der Verzögerung des von Ägypten in nördlicher Richtung ausgehenden britischen Vormarsches. Dessen Erfolg war angesichts territorialer Versprechungen und enormer britischer Bestechungsgelder an arabische Fürsten nicht zu verhindern; nur hinhaltende Taktik konnte die frühzeitige Kapitulation des Osmanischen Reichs verzögern. Österreichisch-ungarische Kraftwagenkolonnen, Werkstätten, Feldspitäler und nicht zuletzt die erst im Versuchsstadium befindliche Richtfunktechnologie waren im Einsatz. Andererseits stellte Kriegsminister Enver Pascha bereitwillig mehrere osmanische Infanterie-Divisionen zur Verteidigung der österreichisch-ungarischen Fronten im Osten zur Verfügung.
Erst nach der Thronbesteigung Kaiser Karls trat die Donaumonarchie dem bereits im Jänner 1915 zwischen dem Deutschen und dem Osmanischen Reich vereinbarten Defensivbündnis bei: Am 22. März 1917 unterfertigte Botschafter Johann Markgraf von Pallavicini den mit Großwesir Talaat Pascha vereinbarten Geheimvertrag, welchen Kaiser Karl am 18. April 1917 in Laxenburg ratifizierte. Ein Jahr später, im Mai 1918, stattete Kaiser Karl mit seiner Gemahlin Zita dem osmanischen Sultan Mehmed V. in Konstantinopel einen offiziellen Besuch ab.
Nach der Kapitulation des Osmanischen Reichs am 30. Oktober 1918 sammelten sich im Laufe des folgenden Monats die österreichisch-ungarischen Einheiten am Bosporus und kehrten im Jänner 1919 in ihre – in der Zwischenzeit in mehrere Nachfolgestaaten aufgesplitterten – Heimatländer zurück.
Ratifikation Kaiser Karls I. des zwischen Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich am 22. März 1917 in Konstantinopel geschlossenen Geheimvertrags; mit eh. Unterschriften Kaiser Karls und des Außenministers Ottokar Graf Czernin
Ratifikation Kaiser Karls I. des zwischen Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich am 22. März 1917 in Konstantinopel geschlossenen Geheimvertrags; mit eh. Unterschriften Kaiser Karls und des Außenministers Ottokar Graf Czernin
HHStA, MdÄ PA I 522, Geheim XLVII/8b
die, nachdem sie ihre Vollmachten, welche in guter und ordnungsgemäßer Form befunden worden sind, ausgetauscht haben, über Folgendes übereingekommen sind:
Österreich-Ungarn, das von dem am 11. Januar 1915 geheimen Defensiv-Vertrag, abgeschlossen zwischen Ihrer Majestät, dem Kaiser von Deutschland, König von Preussen, und Ihrer Majestät, dem Kaiser der Osmanen, wie auch von dem am 28. September 1916 zwischen Ihren Majestäten abgeschlossenen Vertrag, dessen Vereinbarungen einen integrierenden Bestandteil des Bündnisvertrags vom 11. Januar 1915 bilden, Kenntnis genommen hat, stimmt den Bedingungen der erwähnten Verträge zu.
Demzufolge übernimmt Österreich-Ungarn gegenüber dem Osmanischen Kaiserreich dieselben Verbindlichkeiten, zu denen sich das Kaiserreich Deutschland in den erwähnten Verträgen verpflichtet hat. Das Osmanische Kaiserreich übernimmt gegenüber Österreich-Ungarn dieselben Verbindlichkeiten, zu denen sich das Osmanische Kaiserreich gegenüber dem Kaiserreich Deutschland in den erwähnten Verträgen verpflichtet hat.
Der gegenwärtige Akt wird durch Seine Majestät, den Kaiser von Österreich, König von Böhmen etc. und Apostolischen König von Ungarn, und durch Seine Majestät, den Kaiser der Osmanen ratifiziert werden, und die Ratifikationen werden sobald wie möglich ausgewechselt.
Ratifikation Kaiser Karls I. des zwischen Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich am 22. März 1917 in Konstantinopel geschlossenen Geheimvertrags; mit eh. Unterschriften Kaiser Karls und des Außenministers Ottokar Graf Czernin
HHStA, MdÄ PA I 522, Geheim XLVII/8b
Zu Urkund dessen haben ihn die jeweiligen Bevollmächtigten unterzeichnet und mit ihren Siegeln bekräftigt.
Geschehen zu Konstantinopel in zweifacher Ausfertigung am 22. März 1917.
Pallavicini | Talaat |
L.S. (Platz des Siegels) | L.S. (Platz des Siegels) |
Nachdem Wir die Bestimmungen dieser Übereinkunft gesehen und gutgeheißen und sie im Ganzen und in allen Einzelheiten angenommen und bekräftigt haben, bekennen und erklären Wir mit unserem Ehrenwort und versprechen, dass Wir anordnen werden, dass alles, was darin enthalten ist, getreulich durchgeführt werde.
Zu dessen Beglaubigung und festerer Stärke haben wir den Vertrag mit Unserer eigenen Hand ratifiziert und angeordnet, ihn mit Unserem aufgedrückten Siegel zu versehen.
Ratifikation Kaiser Karls I. des zwischen Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich am 22. März 1917 in Konstantinopel geschlossenen Geheimvertrags; mit eh. Unterschriften Kaiser Karls und des Außenministers Ottokar Graf Czernin
HHStA, MdÄ PA I 522, Geheim XLVII/8b
Geschehen zu Laxenburg am achtzehnten Tag des Monats April im Jahre des Herrn Eintausendneunhundertsiebzehn, im ersten Jahr unserer Regierung.
Karl
Ottokar Graf Czernin
Im Auftrag Seiner Kaiserlichen und Königlichen Apostolischen Majestät:
Ludwig Graf Ambéry von Séden
Außerordentlicher Gesandter und Bevollmächtigter Minister