Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
03.03.1917
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
3.3.1917

Arz wieder beim Frühstück Er steht anscheinend früher auf als Conrad. Nun, eine dementsprechende Verschiebung der Tageseinteilung wäre ja nicht schlecht - so sehr sie auch Nebensache ist. - Beim Frühstück beschäftigt sich Arz mit dem Problem, was nun die Zeitungen schreiben werden. Er beauftragt Glaise, über ihn dürfe nichts geschrieben werden, gibt ihm auf den Einwand hin, dass man der Presse doch etwa eine Woche gönnen müsse, eine aus dem Feld stammende Photographie für die illustrierten Zeitungen. Glaise ist ja sehr geschickt und wirft ein, dass die Deutschen einen großen Heroenkultus mit Hindenburg und Ludendorff treiben; er könne einige Flugblätter darüber zeigen! Worauf Arz in aller Bescheidenheit (!) meint, in Österreich Ungarn sei das anders. Jeder will einen anderen Heros, die Ungarn den, die Deutschen jenen, die Tschechen vielleicht den Kramář, die Siebenbürger vielleicht ihn (Arz) - und so muss er unwillkürlich schließen - die ganze Armee ihren Conrad. Ein Beitrag zur menschlichen Psychologie.

Vormittags gibt mir Metzger das erste operative Stück zurück, das der neue Chef dem Kaiser vorgelegt hat: Die „noch immer dunstenden“ Direktiven an die 5. Armee. Der Chef hatte alles unterschrieben, war auch von Metzger „präpariert“, der Kaiser genehmigt aber die Anordnung wegen einer einheitlichen Leitung auf der Karsthochfläche nicht; vielmehr hätte Boroević seine Anträge zu stellen. Metzger sagt mit Recht, das sei symptomatisch, in der Festigkeit in solchen Dingen liege der Unterschied zwischen einem Fachmann und einem Dilettanten. Dem alten Chef sei so etwas nie passiert; der Kaiser habe alles Operative einfach unterschrieben. - Heute in personeller Beziehung nichts Neues. Waldstätten will seinen Ablöser abwarten und wird daher erst etwas später kommen. - Nachmittags arbeite ich die ersten Direktiven für die Südwestfront aus. Sie bekommt die an die drei Befehlsgruppen noch direkt ergehenden Befehle zur Kenntnis. Dann wird auf die Wichtigkeit der küstenländischen Front hingewiesen und weiter gesagt: Das AOK wird daher auf Kräftigung der 5. Armee noch weiter bedacht sein. Dem Kommando der Südwestfront erwächst die wichtige Aufgabe, in diesen letzten Wochen vor dem Kampf darauf hinzuwirken, dass unsere Truppen möglichst ausgeruht, in vollendeten Verteidigungsanlagen und in jeder Beziehung gründlichst vorbereitet in die Schlacht treten und dass besonders auf der Karsthochfläche eine einheitliche planmäßige Führung gesichert wird. Dann wird die Erhaltung von Reserven betont, jedes Herausziehen von Kräften aus Tirol aber dem AOK vorbehalten.

Der Chef des Schweizer Generalstabes, Oberst von Sprecher hat steigende Besorgnis wegen einer Ententeoffensive durch die Schweiz. Es empfiehlt sich, für alle Fälle mit ihm in Verhandlungen einzutreten, wenn auch speziell ein italienischer Angriff vorläufig nicht wahrscheinlich ist. Mein diesbezüglicher Vorschlag wird angenommen. Dabei wird getrachtet, herauszubekommen, welche schweizerischen Kräfte in diesem Falle im Tessin und Graubünden auftreten werden und in welcher Linie nachhaltiger Widerstand beabsichtigt ist.

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