Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
02.03.1917
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
2.3.1917

Heute Arz schon beim Frühstück. Er spricht sehr viel, besonders über seine Erlebnisse im Feuer. Aber auch über alle möglichen anderen Dinge, und dies in einer Weise, die nicht von einem tiefgründigen Geiste zeugen. Mittlerweile haben die personellen Fragen wieder eine andere Wendung genommen. Das XX. Korps übernimmt nicht Roth, sondern Scheuchenstuel. Generalstabschef Conrads wird Müller Richard. 4. Armee Kirchbach, 3. Tersztyánszky, 7. Kövess. Über die Generalstabschefs bei 4. und 7. ist noch nicht entschieden; wahrscheinlich Demus und Steinitz. Waldstätten wird Chef der Operationsabteilung. Was mit Metzger geschieht, ist noch nicht ganz klar; wahrscheinlich geht er auch. Er wird aber noch übergeben. Dies letztere gilt auch für uns. Arz dürfte aber vom Kaiser Weisungen bekommen, dass wir alle hinausfliegen. Das ist der Lohn für mehrjährige, ernste, und ich kann sagen nicht erfolglose Arbeit. Nun, man wird ja sehen, ob es nun besser wird. - Vor allem schlage ich Metzger vor, dass nun gleich an die Deutschen wegen der für die Südwestfront nötigen Verstärkungen herangegangen wird. Ich entwerfe folgende Zuschrift an Hindenburg: „Da nach dem Telegramm Eurer Exzellenz vom 25. vorigen Monats auch die Südwestfront vorläufig in der Verteidigung zu verbleiben hat, bin ich genötigt, auf die in der Denkschrift (die ich überbrachte) enthaltene Darlegung zurückzukommen, dass in diesem Falle das Auslangen mit den dortigen Kräften nicht gefunden werden kann, sondern vielmehr bei größerer Kräfteentfaltung des Feindes, das Verhältnis der Feuergewehrzahlen aufrechterhalten bleiben muss. Wird der Angriff gegen die deutsche Westfront erwartet, so ist mit jenem gegen unsere Südwestfront um den 1.April zu rechnen. Die Stärke der Italiener zu diesem Zeitpunkt kann mit rund 670.000 Gewehren eingeschätzt werden. (780 Bataillone à 850 Gewehre, 40 Esk. à 150 Gewehre). Seit Ende Jänner ist somit eine Erhöhung der Stärke des Feindes um rund 100.000 Mann anzunehmen. Überdies stehen den Italienern nach ihrer Austauschaktion sehr zahlreiche ausgebildete Ersätze (ungefähr 180.000 Mann) zur Verfügung; abgesehen von den vermutlich erst im Frühsommer in Betracht kommenden Ergebnissen der neuen Rekrutierung. Sollte diese Vermehrung der feindlichen Frontmannschaften unsererseits nur im Verhältnis 1:2.5 ausgeglichen werden, so wären dazu gegenüber dem Stand von Ende Jänner 40.000, und da seither eine Division (7.) herangebracht wurde, 30.000 Feuergewehre erforderlich. Nach eingehender Überprüfung der Erfordernisse der Südwestfront für die Abwehr haben unter strengster Berücksichtigung der gebotenen Sparsamkeit und der durch das Entgegenkommen E.E. ermöglichten Artillerieverstärkung der Hauptangriffsfront als Mindestmaß an Verstärkungen, der Dringlichkeit nach geordnet, ergeben:

1) das von Obost bereits zugesagte Lst.I.R.1, sobald als möglich,

2) 2 auch zur Verwendung im Gebirge geeignete Bataillone (von der 20.HITD, 2 dort eingeteilte Heeresbataillone) zur Verstärkung der 10 Armee an der Front Tolmein,

3) eine schlagkräftige, standesstarke ITD als Schlachtreserve der 5. Armee,

4) eine Gebirgsbrigade für Tirol.

(Dies nur im Auszug). Schlusssatz: „Wenn ich E.E. bitte, diese Kräfte in einer Gesamtstärke von rund 20.000> Gewehren frei zu machen, so geschieht dies einerseits in ernster Würdigung der Bedeutung des sicheren Standhaltens der Südwestfront für die Gesamtlage wie für die Monarchie, andererseits in der Überzeugung, mit den Ansprüchen in der Abwehr auf jenes äußerste Maß heruntergegangen zu sein, dass den Erfolg bei Anspannung aller Kräfte nach menschlicher Voraussetzung noch verbürgen kann.“

Aus einer Äußerung Buzeks glaube ich schließen zu können, dass Metzger vorläufig noch Stellvertreter des Chefs des Generalstabes bleibt.

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