Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
23.09.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
23.9.1916

Entschließe mich, nun initiativ die Abgabe von Kräften der Südwestfront für die rumänische Front einzuleiten. Die Sache ist nicht leicht: das XX. und III. Korps will ich unbedingt intakt erhalten. Von den Divisionen mit Feldausrüstung, die die Südwestfront außerdem noch hat (43., 9., 17., 20., 10.) ist nicht eine für den Kampf gegen Rumänien und eventuell auch Russen geeignet. Es bleibt daher nur übrig, die 10.ITD aus Tirol zu nehmen und an den Isonzo zu bringen, um hier Truppen in der Stärke von 2 Gebirgsbrigaden freizumachen; es wäre denn, dass das HGK es vorziehen sollte, eine andere Division abzugeben, was ich aber nicht glaube. Um die ganze Sache in Schwung zu bringen, ergeht folgender, glatt angenommener Befehl: " Gegen Rumänien sind entscheidende Operationen in Vorbereitung. Erst die Niederwerfung dieses neuen Gegners wird Schläge gegen andere Feinde ermöglichen. Es gilt daher, in Siebenbürgen alles zusammenzuführen, was anderwärts - sei es auch bei größerer Anspannung der Kräfte - entbehrt werden kann. AOK gedenkt der Südwest Front außer der bereits zur Abgabe bestimmten 2.Gebirgsbrigade, wenn es die Lage irgend erlaubt, noch mindestens 1 ITD zu entnehmen. Der Hauptteil dieser Abgabe kann, da vor allem mit Erneuerung der italienischen Offensive in Görz gerechnet werden muss und dieser Richtung nach der Gesamtlage besondere Bedeutung zukommt, nur aus Tirol gewonnen werden. Das AOK hält dafür, dass ein Herausziehen der 10. ITD die Heeresgruppe am wenigsten schädigen würde. Da diese Division aber für die geplante Verwendung nicht geeignet ist, würde sie zur 5. Armee verschoben werden, um dort eine für die Verwendung im Gebirge organisierte, eventuell zu kombinierende, aber vollwertige ITD freizumachen. An der ganzen Südwestfront besteht nunmehr dann die Pflicht, aus jenen Abschnitten, in denen eine feindliche Bedrohung nicht aktuell ist, Reserven herauszuziehen, damit den heute noch nicht  zu übersehenden Absichten des Feindes rechtzeitig begegnet werden kann. Da dies unter Umständen auch Verschiebungen von Armeekörpern der küstenländischen Front nach Tirol erfordern kann, muss die 5. Armee anstreben, stets Gebirgstruppen in Reserve zu haben. Im Sinne dieser Direktiven hat das HGK seine Anträge zu stellen, das 5. und - soweit es die Kräfte erlauben - auch das 10. AK. seine Gruppierung einzurichten.“ - Seit heute früh bei 5. Armee wieder lebhafteres Feuer gegen die Räume hinter der Front. Annäherungsversuche abgewiesen. Der Gipfel des Cimone, dessen Besetzung durch den Feind am 24.7. von diesem als großen Sieg gefeiert worden war, wurde heute früh von uns in die Luft gesprengt und besetzt. Bisher 391 Gefangene, darunter 13 Offiziere. Hiefür Belobung an Kommando und Truppen; das eigentliche Verdienst gebührt Soós.

Im ungarischen Parlament wurde Conrad gestern ein „seniler Greis in den Flitterwochen“ genannt.

Diplomatische Depeschen: Bratianu sagt am 14. dem italienischen Gesandten in Bukarest, dass aus den verschiedenen Fronten 17 Divisionen gegen Rumänien herausgezogen wurden und dorthin transportiert werden sollen; einem solchen Ansturm sei Rumänien nicht gewachsen. Bratianu fragte sich, warum die Verbündeten ohne Nutzen Rumänien in das Unglück hineingezogen haben. Er ist äußerst entmutigt und hielt mit Beschuldigungen nicht zurück. (Conrad schrieb dazu: „Schuft“.) - Die Verhandlungen im ungarischen Oberhaus sollen vollständig im Pester Lloyd enthalten sein; auch die Äußerung: „Der senile Blade soll sich trollen“. - Abends erzählt mir Kageneck, die Stimmung gegen Conrad sei in Pless nach wie vor sehr gereizt; man spricht von offenem Vertragsbruch; Bethmann sei mit Hindenburg einig darüber.

Besonders empört sei man über einen scharfen Schlusssatz in einer Note, dessen Autorschaft man wieder Slameczka zuschreibt.

Abendresümee: Nichts Besonderes. Die Cimone-Sprengung wurde vom Oberleutnant Mlaker ausgeführt, der Casa Ratti eroberte. Zahl der Gefangenen ist auf 400 gestiegen, 2 MG. erbeutet, auf Höhe eine eigene Feldwache, Reserve dahinter im Sprengtrichter. Ganzer Raum unter schwerem Feuer. - An der Fassaner Front begann nachmittags nach mehrstündiger äußerst starker Artillerievorbereitung ein Angriff gegen den Abschnitt Gardinal-Coltorondo.

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