Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
01.10.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
1.10.1916

Die Nachrichten über einen nahe bevorstehenden neuerlichen Angriff in der Richtung Triest mehren sich. Der Pressereferent des Militärattachés in Bern meldete, dass einige italienische Provinzblätter die Bevölkerung auf die absolute Notwendigkeit eines in nächster Zeit zu erwartenden neuerlichen Vorstoßversuches gegen Triest vorbereiten. Man müsse auf neue große Verluste gefasst sein, da Österreich Ungarn sich einem solchen Unternehmen mit aller Kraft entgegensetzen wird. Auch eine Kundschafternachricht besagt, dass die italienische 3. Armee mit geringen Verstärkungen nochmals angreifen müsse. - Nach Vormittagsmeldungen nahm gestern nachmittags die Feuertätigkeit des Feindes auffallend zu. Verschiedene Anzeichen (Ablösungen in der feindlichen Front, vermehrte Zahl von Überläufern, wesentlich erhöhter Verkehr hinter der feindlichen Front) lassen einen Angriff, speziell gegen die Karsthochfläche unmittelbar bevorstehend erscheinen. Bei der Heeresgruppe wird die 10.ITD im Laufe des morgigen Tages im Raum Caldonazzo - Pergine versammelt sein. Der Train der Division beginnt heute abzurollen. Wir lassen die 10.GBrig. vorläufig nicht abgehen, sondern warten bis zum Eintreffen der Infanterie der 10.ITD, also voraussichtlich bis 6.10., und teilen dies dem 5. AK. und Hindenburg mit. - Auf eine Änderung der Befehlsverhältnisse an der Südwestfront will Chef nicht eingehen; er hat auf mein Referat, sichtlich über Vorschlag Metzgers, entschieden, dass es bei den jetzigen Verhältnissen zu bleiben hat. Es scheint, dass der Erzherzog Karl von der Nordfront nicht frei werden wird; Metzger erwähnte, es bestehe ein Plan, ihm auch die 1. und 9. Armee zu unterstellen. Seine Heeresgruppe sollte dann aus der 3., 7., 1. und 9. bestehen. Sehr klug ist es nicht vom Chef, dass er sich den Wünschen und Bestrebungen zweier kaiserlicher Prinzen gegenüber ganz ablehnend verhält. „Man“ (das heißt die beiden und Wien) wird doch erzwingen, was nun das AOK aus eigenem Antrieb als Geschenk geben könnte. Auch hörte Kless heute von Okolicsányi, dass in Ungarn tatsächlich der Kopf des Chefs verlangt werde. Der Sturm in den Sitzungen des Oberhauses sei ganz unbeschreiblich gewesen. Nun ist das Haus bis anfangs Dezember vertagt. Also eine Galgenfrist. - Heute abends fährt Chef zur Audienz nach Wien.

10 Uhr abends noch eine Meldung von der 5. Armee; feindliche Feuertätigkeit nahezu gegen die ganze Front auffallend lebhaft; besonders gegen den Abschnitt zwischen Salcano und Wippach, gegen das Wippachtal und die Karsthochfläche. Stellenweise versucht sich auch Infanterie vorzuarbeiten. Gegen Karsthochfläche scheinen sich neue Batterien eingeschossen zu haben. Eindruck Angriff steht nahe bevor.

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