Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
30.11.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
30.11.1916

Mittagsresümee: 5. Armee. Bei voller Sicht herrschte gestern nachmittags an der ganzen Armeefront lebhafte Artillerietätigkeit. Die italienische Artillerie beschoss namentlich die Abschnitte zwischen dem Rosental und der Bahn Görz – Oveju - Draga und zwischen Biglia und dem Meere. Beiderseits Hudilog war das feindliche Feuer etwa eine Stunde lang äußerst heftig und ließ erst nach, als Ansammlungen nördlich und westlich dieses Ortes durch unsere Artillerie zerstört wurden. Nachts Beunruhigung und Feuer und lebhafte Patrouillentätigkeit; nordöstlich von Salcano zerstörten 2 eigene Züge in 150X Breite die italienische Stellung und brachten einige Gefangene ein. Auch an der Kärntner und Tiroler Front stellenweise lebhafteres Artilleriefeuer.

Man spricht davon, dass der Kaiser hier dauernd Aufenthalt nehmen will, und zwar in der Villa des Baumeisters, die bisher von „tapferen“ Damen bewohnt war; am 3.12. kommt er zunächst auf 2tägigen Besuch.

Deutsche Nachrichten über die Boulogner Konferenz der Entente besagen: Zur Schaffung von Artillerie und Munition genügt bisheriges Tempo in der Erzeugung nicht. England soll seine Leistungen erhöhen. Alle Verbündeten wollen während des Winters alle überflüssigen Artillerieaktionen vermeiden; besonders die Italiener sind zum Maßhalten aufgefordert. Für die nächsten 3 Monate wird nur mit geringer Zufuhr von Amerika und Japan gerechnet. Kohlenknappheit in England andauernd; weitere Einschränkung der nicht für den Krieg beschäftigten Industrie bevorstehend. Lebensmittelknappheit wächst in England und Italien.

Nachmittags, das heißt um 5 Uhr, bin ich kommandiert zur Trauerfeier in der Synagoge. Trauerrede aus Phrasen jüdischer Chargen.

Hierauf Besprechungen mit dem Intendanten Malawerch wegen der Verpflegszuschübe nach Tirol. Fordere, dass mehr Züge laufen, da nach bisherigem Tempo bis 20.Dezember nur etwa 1/5 unseres Verpflegsbedarfes für eine neue Großoffensive unten sein werden. Natürlich gibt es manche Schwierigkeiten. An Mehl fehlt es überhaupt schon. Die Reserven in Krakau muss man zurückhalten. An Hartfutter herrscht großer Mangel; dafür müssen viel mehr Rauhfutterzüge gehen u.s.w. Haberl leider nicht da; sonst würde ich das übrige Material in Schwung setzen.

Abendresümee: Bei 5. Armee ziemlich lebhafter Artilleriekampf; rege feindliche Fliegertätigkeit, starker Verkehr hinter der italienischen Front. Unser Geschützfeuer erzielte mehrere große Explosionen in feindlichen Minen- und Munitionsdepots. Im Etschtal warfen feindliche Flieger einige Bomben ab, ohne Schaden anzurichten. - Wetter schön, klar; nur in Kärnten meist bewölkt.

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