Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
20.05.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
20.5.1916

Abends erst komme ich zum .Schreiben. Den ganzen Tag ununterbrochen angestrengteste Arbeit, schon durch das Verfolgen der Lage, die Resümee, Presse- und Tagesberichte, und die immer wachsende Neugier. Die Ereignisse registriere ich später. Jetzt rückt die Stellungnahme der Deutschen zu unserem Erfolg in erste Linie. Falkenhayn gratuliert Conrad (anscheinend) sehr herzlich zu den bisherigen Erfolgen und zur richtigen Beurteilung der Lage. Er (Falkenhayn) ist jetzt in Berlin, Cramon wurde hinberufen. Wie ich (aus Andeutungen Wallenbergs entnehme, handelt es sich dort 1) um unsere schweren Geschütze, die für die französische, oder richtiger englische Front gebraucht werden sollen, 2) um den Zuschub von Fett aus Ungarn. Und ich denke mir noch ein drittes dazu: Um den Frieden zwischen uns und Italien, den Deutschland jetzt vermutlich mit allen Mitteln betreiben, das heißt wahrscheinlich vermitteln wird. Es heißt daher sehr auf der Hut sein; und ich habe heute Metzger neuerdings davor gewarnt, dass wir jetzt „hinunter fahren“ (und während der Spazierfahrt ein paar Tage Weltgeschichte versäumen). Die erwähnte Vermittlung läge ganz im Geiste der deutschen Politik gegenüber Italien. (Zuerst wollten sie uns die Abtretung Südtirols u.s.w. aufnötigen; dann vermieden sie die Kriegserklärung, sandten pro forma das Alpenkorps, das sobald als möglich unter allerlei Vorwänden wieder abzog; dann verschwanden nach und nach auch die weiteren Batterien; weiters zog uns Falkenhayn alle unsere Pläne heraus, um schließlich nicht mitzugehen u.s.w. u s.w. in inf.). - Nachmittags ruft mich Salis zum Hughes. Krauss lässt mir sagen, als weitere Division hätte er gerne die 29. oder 13. Bisher brauchte man aber nicht einmal die erste versprochene Division. Er will bis gestern nur 1/3 unserer Kräfte eingesetzt haben (8, 3, 57, 59 und zum Teil 48) und schon ist so viel erreicht. XX. hatte gestern noch 8 intakte Bataillone in Reserve. Bei diesem Korps sind unsere Verluste erstaunlich gering; beim VIII. höher, infolge größerer Zähigkeit des gegenüber befindlichen Feindes. Dementsprechend wurden beim VIII. auch recht wenig Gefangene gemacht, die meisten Italiener gleich an Ort und Stelle „erledigt“ - 113 Geschütze, darunter so viele unersetzliche schwere, sind in unserem Besitz. - Feind vor XX schien gestern schon ziemlich zusammengebrochen, leistet aber stellenweise, wo tüchtige Kommandanten und Truppen, noch festen Widerstand. - Salis persönliche Ansicht geht dahin, dass 11. Armee zunächst ein etwas langsameres Tempo einschlagen wird, damit die Truppen, die heute den 5.Schlachttag haben, etwas verschnaufen können, die weglose Strecke zu den bisherigen Kampflinien überbrückt und die Artillerie nachgezogen werden kann. III. ist in vollem Angriff; um Mittag war die vorderste feindliche Linie der Hauptsache nach genommen, 700 Gefangene. Salis hält es für sehr erfreulich, dass der Feind in seiner ersten Linie Widerstand leistet und nicht in die Linie Verena - Campomolon ausgewichen ist, weil wir ihn jetzt mit unserer ganzen Artillerie behandeln und gleich gründlich abtun können. Die Niederlage überträgt sich auch schon auf die Anschlusszonen, rascher auf das Suganertal, als auf den Raum östlich der Etsch. Dort fehlt es an Kräften zum Nachdrücken; daher wären die zwei alten Marschbataillone der 48. vom Plöcken sehr erwünscht, da sie ihrer schwachen Gebirgsdivision eine Detachierung ersparen könnten. - Ich erörtere die Gründe, warum der Befehl über den Zuschub von Verstärkungen so früh hinausgegangen ist, obwohl auch ich überzeugt war, dass vorerst kein Bedarf nach größeren Einheiten besteht. 1) Weil jetzt etwas sicher verfügbar ist und weiters bei ernstem Willen noch verfügbar gemacht werden kann, 2) weil es erwünscht sein könnte, jetzt eine Einheit, zum Beispiel 9. bis an einen Bahnendpunkt zu bringen, um sich I. länger als Ganzes zur Verfügung zu behalten. Ansicht über Tempo bei XX. und über feindlichen Widerstand bei III. pflichte ich bei; habe auch in den letzten Tagen immer die Ansicht vertreten Dass dieser Angriff Zeit hat. („Nur kein Gasdampf“). - Wegen Zuschub der beiden Marschbataillone/ 48.ITD konzipiere ich sogleich den Befehl; ein glücklicher Zufall fügt es, dass sie bei Rohr, der doch schon recht schwach ist, durch das neu formierte IR 28 (aus Sarajevo) ersetzt werden können. -Von den Ereignissen resümiere ich nur, wie sich die Lage abends bei uns darstellt: 11.Armee: Vom XXI. werden Teile/LSch. nachts nach Mattassone vorgezogen, um die Coni Zugna zu gewinnen. (Dieser Truppe ist sogar der Campo Grosso als Ziel gesteckt! Furchtbar weit - bei aller Zuversicht!).

Valmorbia ist in unserer Hand; Der Angriff auf Coni Zugna soll von Gebirgsbatterien in der Front und auch vom M.Spil her unterstützt werden; Beobachtung von dem gleichfalls genommenen M.Testo - 9 GBrig. vertrieb den Feind von Roite, 59.ITD nahm Buse di Biserte, wo es eine Umzingelung mit dem gewöhnlichen Gemetzel und einer Beute von 900 Italienern, 8 MG und 2 Geschützen gab. - Nach Einnahme von Borcoletto wurde auch der Borcolapass besetzt. - XX. Lage unverändert, dichter Nebel verhindert Artilleriewirkung. 3. Armee: III. ist in vollem Angriff, Feind leistet hartnäckigen Widerstand und scheint gegen Levespitze einen Gegenangriff durch schwerstes Artilleriefeuer vorzubereiten. Erste Linie scheint aber von uns im Allgemeinen genommen zu sein, auch hier gegen 900 Gefangene, mehrere MG. und Geschütze. - XVII. Ein Landesschützendetachement erklomm die Mandriolospitze. Der Armenterrarücken ist bis S.Lorenzo in unserem Besitz. - 18.ITD besetzte die feindlichen Stellungen bei C.Desena und am Collo Hang. - I. Steht noch im Raum Gardolo - Kurtasch. - Bei 5. und 10. Armee keine nennenswerte Gefechtstätigkeit. - Feind: Große rückgängige Bewegungen im Suganer und Asticotal, Pasubiogebiet und Vallarsa. Forcierte Eisenbahntransporte und auch Fußmarsch von Truppen nach Schio; von dort auch Bewegungen nach Norden. - Im Kampf des III. Korps wurden die dort vermuteten 3 italienischen Brigaden festgestellt. Im ganzen traten bisher an unserer. Front 12 feindliche Brigaden ins Gefecht, das heißt etwa 1/7 des gesamten italienischen Heeres. An der ganzen küstenländischen und Kärntner Front arbeitet der Feind an seinen Deckungen. - Am Marsch von Luico gegen Cividale beobachtete Kolonne von Regimentsstärke dürfte zur Einwaggonierung bestimmt sein.

Deutscher Kaiser auch in Berlin - Thronfolger bereits mit Pour le Mérite ausgezeichnet.

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