Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
04.03.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
4.3.1916

Vormittags ruft mich Salis auf: Krajcsovics ist eingetroffen, das Kommando der Südwestfront will ihn aber nicht weiter schicken, weil es noch auf den falschen Befehl zu seiner Verlegung wartet; und zwar für Ende März! Dies bedeutet eine vollständige Verkennung der Situation; denn Ende März brauchen wir keine Täuschung mehr! Jetzt aber ist sie notwendig, damit die Gerüchte ins Hinterland kommen und Cadorna um den 15. davon erfährt. Bei uns besitzt man aber einmal keine Phantasie und Voraussicht, kein Verständnis für die Wirkungen eines Befehles. Die Sache wird übrigens rasch und radikal behoben, indem ich mitteile, dass für die Entsendung K 's gewichtige Gründe (die im System des feindlichen Kundschafterdienstes und in der Gegenwirkung gegen Inlandsgerüchte liegen) maßgebend waren; sein Abgehen sei daher notwendig und dringend. Ein Befehl zur Verlegung des Kommandos der SWFront wird nicht kommen, da Zustimmung zu dieser fiktiven Maßnahme schon gegeben wurde und daher Kommando der Südwestfront solche Befehle jederzeit als streng vertraulich eingetroffen, am besten. durch Krajcsovics überbracht, annehmen kann.

Große Schwierigkeiten wegen Erledigung der artilleristischen Anträge. Pflug schreibt eine ziemlich lange, aber wenig klare Erledigung. Ich muss darauf dringen und es im Verhandlungsweg erreichen, dass das Einschießen möglichst spät beginnt; es kommt daher in den Befehl hinein, nicht vor dem 20. Natürlich ergibt das wieder eine Reihe von Widerständen bei den Artilleristen. Mir bleibt aber doch Hauptsache, dass Cadorna nichts merkt. Der Schlusssatz des betreffenden Befehles besagt auch, dass die Feuereröffnung aus Gründen des Artillerieaufmarsches nicht vor Ende März erfolgen kann. Ich habe da Gott sei Dank das Wort „voraussichtlich“ hineingebracht. - Abends kommt Exzellenz Höfer wegen Orientierung, die aber recht dürftig ausfällt. Dann Kaltenborn mit seinen Sorgen, dass man endlich dem Kaiser etwas sagen muss; er rät, dass Chef nach Wien fahren soll und in mündlichem Vortrage eine allerhöchste Ermächtigung erwirke für alle Ernennungen u.s.w.

Melde abends Metzger davon, der mich übrigens beruhigen kann, dass der Chef Seine Majestät bereits im Großen orientiert habe. Das Gerücht von einer kaiserlichen Ungnade ist unwahr; es bestand nur eine gewisse Verstimmung des Allerhöchsten Herrn darüber, dass das AOK die Cyrillica in Serbien eigenmächtig abschafft, keineswegs aber wegen der italienischen Sache. Ich vertrete übrigens den Standpunkt, dass nichts Geschriebenes nach Wien kommen soll; was die Geheimhaltung anbelangt, vertraue ich niemandem, gar niemandem; und jeder Tag bedeutet in unserer Sache Blut von Tausenden! - Abends teilt mir Waldstätten mit Hughes mit, er sei nachts von Wien zurückgekehrt und habe mit Erzherzog Karl alles besprochen. Er sagt, Conrad hätte bewilligt, dass er sich seinen Stab zusammensetze, wie er es für wünschenswert halte. Dann folgt eine Anforderung, die übrigens in bescheidenen Grenzen gehalten ist und befriedigt werden kann. Waldstätten fügt bei, die 1 ½ stündige Aussprache sei nicht angenehm gewesen, weil genau bestimmt war, was er (Waldstätten) sagen durfte, der Erzherzog aber viel mehr wusste. Es müsse jemand getratscht haben; Waldstätten ließ sehr deutlich durchblicken, dass dies Conrad gewesen sei. Schließlich bittet er mich nachträglich, ich möge alles bei mir behalten.

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