Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
20.03.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
20.3.1916

Wie zu erwarten, wurden bei der deutschen 10. Armee auch gestern alle russischen Angriffe abgeschlagen. Von der 7. Armee kommt die Meldung über sehr schöne Tat des Obersten Plank (früher Generalstäbler, jetzt Dragoner 11), der sich nach Sprengung der Dnjesterbrückenschanze durch die Russen nach heldenmütigem Kampfe mit dem Rest der Besatzung durchschlug, oder richtiger: Dicht an den feindlichen Linien vorbei zu einer benachbarten eigenen Feldwache marschierte.

Vormittags Fortsetzung der Arbeit an den Direktiven für die nächste Zeit nach dem Abgehen des Heeresgruppenkommandos.

Mittags versuche ich, eine weitere Division vom russischen Kriegsschauplatz für das I. Korps zu erhalten. General hält jedoch die Lage oben noch nicht für genügend geklärt, um eine Division abgeben zu können und möchte gerne die 34. aus dem Bereich der 5. Armee fahren lassen. Mir ist das gar nicht sympathisch; es zeigt von einer Unsicherheit der Leitung, die Truppen so herumzuschieben. Überdies ist nach solchen Eisenbahnverschiebungen eine wenn auch kurze Zeit der Ruhe von Vorteil. Werde daher trachten, jetzt das I. Korpskommando und die notwendigen Teile des Korpstrains loszubekommen um die Bahn für einige Tage mit etwa 5 Zügen zu füllen. - Nach Mittagsmeldung haben nunmehr auch Demonstrationen am Görzer Brückenkopf (größere Flammenwerfer Unternehmung, kräftiges Artilleriefeuer, Sprengung einer feindlichen Stellung bei Plevma begonnen); am Tolmeiner Brückenkopf und gegen die Höhenstellungen nördlich davon wurden mehrere feindliche Angriffe abgewiesen. Auch am Rombon eine recht geschickte, kleinere Demonstration. - Nachmittags Weiterarbeit und Schluss an den Direktiven. Dann Anordnung zur Verschiebung des I. KK und der Korpsanstalten.

Kageneck von Wien zurückgekommen; erzählt natürlich, man sage dort, nun wird doch eine Offensive gegen Italien losgehen. Heute ist Tisza hier. Mittags Diner im engsten Kreis beim Erzherzog. Abends ist Tisza längere Zeit bei Conrad. Ich hörte nicht, um was für Fragen es sich drehte. Vermutlich um Balkandinge, vielleicht aber auch noch um etwas Größeres. (Seine beabsichtigte Reise in das Generalgouvernement Serbien dürfte es kaum sein. Dieser Reise werden allerdings vom Generalgouverneur und auch von hier aus einige Schwierigkeiten gemacht).

Abends, nach dem Rapport, erkundigt sich Conrad um den Fortgang der Vorbereitung und bemerkt: „Politisch drängt die Sache. Es wäre besser, wenn es heute als morgen losginge. Wir dürfen aber nicht drängen; es muss alles bis auf das I-Tüpfelchen vorbereitet sein; denn ein voreiliges Losgehen könnte unseren ganzen Erfolg in Frage stellen.“ Die Äußerung, dass die Sache drängt, ist nach den Verhandlungen mit Tisza sicher auffallend. (Sollte eventuell doch etwas wie irgendein Separatfrieden in Sicht sein?).

Zeit wäre es schon. Aber nur nicht, bevor unser Angriff im Gange ist, sonst fällt uns Deutschland noch in die Arme und die ganze Sache ist nur halb, das heißt gar nicht, gemacht.

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