Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
15.06.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
15.6.1916

Der Vortrag wurde nicht unterschrieben, weil der Erzherzog zuerst die Zustimmung des Erzherzogs Eugen haben will. Arbeite die Sache dementsprechend um; vormittags kommt jedoch ein Telegramm des Erzherzogs Eugen, das unsere Situation wesentlich erleichtert: Dankl hat gebockt, sich krank gemeldet und wurde daraufhin schon vom Erzherzog Eugen enthoben. Entsprechend geändert, geht der Vortrag wegen des Personenwechsels nachmittags ab; nachher wehrt sich noch das Heeresgruppenkommando gegen die Enthebung Pichlers, weil es nach seiner Kenntnis des Dienstbetriebes (!) glaubt, dass dieser dem neuen Armeekommandanten eine bessere Stütze sein werde, als Soós.

Heute Vormittag hat nach Artillerievorbereitung der Angriff der 34. ITD gegen den M.Carriola begonnen. Nach der Abendmeldung konnte dieser Angriff „bisher", das heißt bis nachmittags, nicht Raum gewinnen; er soll abends fortgesetzt werden. Ich habe nicht mehr viel Hoffnungen: Es zeigt: sich immer deutlicher, dass die ganze Offensive stecken bleibt. Das fortwährende Abziehen von Kräften nimmt der Führung eben so viel Schwung wie der Antransport gibt. Überdies sitzt die 11. Armee dank der elenden Führung in einer wenig beneidenswerten Lage fest, und nun soll es das 1. Korps der dritten richten! Immerhin muss man diesen Angriff, der übrigens durch die Reserven (9. und 10.ITD.) noch vorwärts getragen werden soll (ich glaube nicht mehr daran) auslaufen lassen. Morgen aber wird es wahrscheinlich notwendig sein, einzugreifen. Dieses Stoppen wird aber nicht übereilt geschehen dürfen. Man will noch 2 weitere Divisionen, dann etwa 8 schwere Haubitzbatterien und einige schwere Mörserbatterien herausholen. Dies bedeutet gut 20 Tage Bahntransport. Soviel Zeit haben daher die beiden Armeen, um sich in der gewählten Linie, die im Allgemeinen mit der erreichten übereinstimmen dürfte, einzurichten. Dann denke ich daran, etwa 1 Division und vielleicht noch eine Gebirgsbrigade zur 5. Armee als - mehr moralische - Stütze zu verschieben; verbleiben 12 ITD mit zahlreichen schweren Batterien, noch immer eine genügende Kraft, um den Italiener dauernd festzulegen. Und andere Männer werden noch mehr leisten können; ich hoffe auf den Pasubio, dessen Besitz die ganze Lage plötzlich ändert und uns zugleich ein wertvolles Unterpfand für den Frieden gibt.

Heute ging ein sehr düster gehaltenes Telegramm an Falkenhayn ab, das in der Auffassung gipfelt, dass die Russen nun ihre ganze Kraft gegen unsere Front wenden und zuerst uns zerschmettern werden, um dann, wenn dies gelungen ist, gegen Deutschland zu gehen.

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