Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
08.07.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
8.7.1916

An der Front unseres III. Korps dauern die starken feindlichen Angriffe fort. Wie gestern heute wieder das italienische XX.Korps (6 Brigaden, 1 Bersaglieri Regiment, 3 Alpini Gruppen, im ganzen 56 Bataillone) zwischen C.Dieci und Cra Zebio, erschöpft sich aber in unzusammenhängenden Teilvorstößen. Im Communiqué unterstreichen wir die Sache sehr stark und sprechen vom Angriff des XX. und XXII. Korps; dies ist an die deutsche Adresse gerichtet, um ein Bagatellisieren der Kämpfe im Südwesten in der öffentlichen Meinung zu verhindern.

Bei der 5. Armee lebhaftere Artillerie Tätigkeit, auch gegen Görzer und Tolmeiner Front; anscheinend aber nur Demonstrationen. Denselben Eindruck hat auch Oberst Pitreich, den ich abends sprach. Er sagt mir, dass die 106. durch 9.ITD. abgelöst und in Heidenschaft retabliert wird. An Stelle der 9. kommt die 43. als Armeereserve nach Nabresina; Tȇte bereits dort eingetroffen. Jedenfalls ist jetzt die 5. Armee allen Eventualitäten gewachsen; vielleicht sogar hätten wir mit der 43. noch zuwarten können; denn deren Abtransport wurde eigentlich durch eine falsche, aber symptomatische Meldung vom Transport einer italienischen Brigade von der Tiroler Front an den Isonzo veranlasst. - Laut einer heute eingelangten schriftlichen Meldung hat das HGK angeordnet, dass die 11. Armee den M.Majo, Schuggio und Cimone zu halten und die bisher als Hauptstellung gedachte Linie als Rückhaltstellung zu betrachten hat. Bei der 3. Armee erhebt das III. Korps einen dringenden Notschrei wegen einer Reserve. Es möchte zu seinen 4 Divisionen (28., 22., 6., 2 GBrig.) noch eine 5. haben, die es als Reserve ziemlich dicht hinter dem Abschnitt Interrotto - C.Dieci zu verteilen gedenkt. Die Lage ist aber so, dass an dem Abgehen der 34. ITD auf den russischen Kriegsschauplatz kaum mehr zu zweifeln ist; übrigens verbleibt noch die 10.ITD, wenn einmal die eine Brigade der 28. aus dem Suganer Tal heraufgezogen ist. Die Argumentation des III. Korpskommandos zeigt demnach, leider geläufige, Irrtümer: Reserve zu nahe an der Front, zerteilt aus Angst, dass sie nicht zurechtkomme; Abzählen der Feuergewehre pro Schritt der Deckung u.s.w. Wir lassen vorläufig die genaue Lage der 3. und 11. Armee melden; dann wird sich zeigen, ob und wie einzugreifen ist. - Nach den Abendmeldungen hat sich der feindliche Angriff gegen unser III. Korps heute nicht erneuert; an der Front der 11. und 3. Armee nur stellenweise mäßiges Artillerie-Feuer. Im Etsch und Suganer Tal rege feindliche Fliegertätigkeit. Nach Gefangenenaussagen soll die Brigade Alessandria nach Retablierung bei Thiene von Tirol an die Isonzo Front verschoben worden sein.

Aus den uns vorliegenden diplomatischen Korrespondenzen geht hervor, dass sich die Stimmung in Rumänien wieder sehr beruhigt hat. Die an Rumänien mündlich gestellte Kooperationsforderung wurde angeblich ungünstig beantwortet. Bratianu soll der Ansicht sein, die Entente müsste doch mehr zeigen; solange die Kriegsereignisse nicht bedingen, dass eine gründliche Änderung der Europa Karte eintreten könnte, wäre es nicht im rumänischen Interesse, zu riskieren. Rumänien interessiert sich sehr für die Bedingungen, unter welchen Italien der Entente beigetreten ist, erhielt aber nur die ausweichende Antwort, Italien habe sich mit den Alliierten über einige wichtige, grundlegende Punkte für den Fall des Sieges geeinigt, um eventuellen Zwistigkeiten unter den Alliierten in schwierigen Fragen vorzubeugen. Als Garantie sei nur das volle Vertrauen auf die gegenseitige „bona fides“ vorhanden.

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