Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
02.01.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
2.1.1916

Heute wieder einmal mehr zu tun. Die Tage vergehen jetzt sehr rasch, da ich eifrig Englisch studiere.

Auf dem Kriegsschauplatz keine besonderen Ereignisse; der M. Carbonile (Sugana) wurde gestern von überlegenen feindlichen Kräften (6 Kompanien) angegriffen und von unserem Detachement geräumt, heute aber von Patrouillen wieder besetzt. Die Korrespondenz von Kriegsgefangenen lässt ersehen, dass am 1.12. das italienische X. Korps in Ruhestellung war; und zwar angeblich auf mehrere Monate. Mittlerweile dürfte allerdings eine Division dieses Korps in Albanien sein. - Ein vom Kommando der Südwestfront vorgelegter Bericht des XVI. Korps zeigt, dass die dortigen Truppen gerade ausreichen, um die Kampfstellungen zu besetzen und die notwendigsten Ablösungen durchzuführen. Die Vorlage des Berichtes bezweckt, darzutun, dass weitere Abgaben von der Südwestfront untunlich sind. Ich sage, auch in der Erledigung, dass das AOK nicht beabsichtigt, der Südwestfront ohne zwingende Notwendigkeit weitere Kräfte zu entnehmen; die Verhältnisse dürften sich übrigens bei andauernder Ruhe durch Einreihen von Marschformationen und Verwendung dieser Standesüberschüsse innerhalb der Truppenkörper bessern. Die Befestigungen scheint das XVI. Korpskommando etwas gering einzuschätzen, weil sie in der 3. und 4. Schlacht durch das Trommelfeuer stark gelitten haben. Trotzdem wäre es aber ganz verfehlt, weniger eifrig an der Ausgestaltung zu arbeiten; im Gegenteil, diese Erfahrungen müssen noch zu erhöhter Tätigkeit anspornen. - Der Bildung einer neuen Gebirgs-Brigade aus der Gruppe des Oberst Partl (Kärntner Baone.) - kann nicht zugestimmt werden; wir können absolut keine neuen Einheiten mehr organisieren! Soviel vom täglichen Geschäft. - Über die anderen Kriegsschauplätze bin ich in diesen Tagen meiner „Alleinherrschaft“ wenig unterrichtet. Nach den Äußerungen Kagenecks zu schließen, müsste es bei der 7. Armee kritisch stehen. Ich höre, dass die Russen dort in ein Frontstück von 2000 Schritt einbrachen und dass die Lage auch in einer Meldung lokal als kritisch bezeichnet wurde. Morgen Inspektion, da dürfte ich mehr erfahren. - In den Erörterungen unserer Politiker nimmt die Frage, ob die Annexion Serbiens anzustreben ist, einen breiten Raum ein. Tisza ist entschieden dagegen, weil er ein starkes Ungarn mit möglichst wenigen Serben haben will. - Von den Verhandlungen mit Falkenhayn verlautet noch nichts; nach allem, was man hört, scheint das Verhältnis zwischen den beiden Chefs gespannter denn je zu sein.

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