Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
07.02.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
7.2.1916

Heute nachts scheint ein Telegramm über die Türken gekommen zu sein; vermutlich eine Zusage, dass 4 - 6 türkische Divisionen kommen. Früh sagt mir Christophori davon und meint er wolle absolut keine Türken nehmen; erstens würden diese auf die Russen wie ein rotes Tuch wirken, zweitens würde dies die Kampfbegeisterung der Russen heben und dem Krieg den Charakter eines Glaubenskrieges geben, drittens wären die türkischen Divisionen minder ausgerüstet, hätten wenig Artillerie und keinen Train. Ich erkläre, dass ich natürlich in dieser Frage nicht zu entscheiden habe, aber bereit sei, Türken zu nehmen, soviele nur kommen. Die Schwierigkeiten werden wir, schon zu überwinden wissen; auch jene in der Hofburg. Man wird dort einfach „das Messer an die Kehle setzen müssen“; jetzt, wo der Weltkrieg zur Entscheidung drängt, kann man sich nicht darum kümmern, ob man die Monarchie unter anderen auch von Türken verteidigen läßt.

In der Forderung nach Ablösung der deutschen Divisionen Linsingens bezog sich Falkenhayn auf die Besprechung vom 3.d.M. Conrad sagt in der Amtwort ausdrücklich, Falkenhayn habe damals gesagt, er werde diese Divisionen nur im äussersten Notfall abziehen. Nun äussert Conrad sein Erstaunen, dass dieser äusserste Notfall schon jetzt eingetreten sei… Natürlich ist dies nur der Anfang einer Kette von Schwierigkeiten…

Mittags nicht geringer Ärger wegen eines einzig dastehenden Manipulationsfehlers bei der Südwestfront. Der geheime Befehl traf dort nachts mit Wiener Kurier ein. Der Inspektionsoffizier eröffnete beide Kuverts durch einen Schnitt und übergab sie dem Kanzleidirektor. Anfänglich hatten wir einen nicht geringen Schreck, die Sache scheint jedoch nicht so schlimm zu sein, da Krauss auf den Mann in solchen Dingen schwören kann, zu weitergehenden Maßnahmen vorläufig keine Veranlassung findet. Der Abtransport der 57. ITD (die von Ferizović die Infanterie mit Bahn, Artillerie und Trains mit Fußmarsch, bei Belgrad eintrifft) nach Tirol wird genehmigt. Ich habe sehr dazugedrängt, weil ich es für wichtig halte, dass wir das VIII. Korps bald „ins Trockene“ bringen. Wegen der 59. scheint man noch nicht ganz entschlossen zu sein; man schielt noch immer ein bisschen nach Durazzo. Ich lese auch den Anfang des Telegrammes Falkenhayns wegen der Türken. Enver will anfänglich 4, später noch 2 weitere Divisionen auf den von Falkenhayn zu bestimmenden Kriegsschauplatz entsenden. (Der Passus lautet: Enver ist bereit, zunächst 4, dann voraussichtlich weitere 2 Divisionen „auf den von mir (das ist Falkenhayn) gewünschten, vorzugsweise den russischen Kriegsschauplatz stellen zu lassen.“ Über den Wert der türkischen Truppe berichtet Pomiankowski. Der kurze Sinn seiner langen Ausführungen ist: Zu defensiv Zwecken geeignet. charakteristisch ist auch, dass er bemerkte, Bronsart scheine Schwierigkeiten zu machen. (p.d. Weil er vom Oberfuchs den Befehl dazu hat…).

Abends meldet bereits das Kommando der Südwestfront, dass es auf persönliche Fühlungnahme mit den Artillerie Kommandanten zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Wert legt. Es läßt also richtigermaßen dem G.d.K. Dankl freie Hand. Habe das auch nicht anders erwartet. - 57. ITD dürfte ab 15. Februar in Südtirol langsam eintreffen; den Truppen und Trains wurde eine 3tägige Retablierung bei Belgrad gewährt. - Abends sagt mir Kless, Conrad habe auch ihm gegenüber geäussert, dass er hoffe, nun werde sein Herzenswunsch, Italien anzupacken, in Erfüllung gehen.

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