Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
15.02.1916
Wählen Sie aus:
Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
15.2.1916

Mit der Frühpost 2 wichtige Meldungen der Südwestfront: 1) Über die voraussichtlichen Absichten der Italiener, 2) Über die für die nächste Zeit beabsichtigte Gruppierung der 5. und 10. Armee. ad 1). Verschiedene Anzeichen sprechen dafür, dass die Italiener etwa Mitte März eine neue Offensive an der Isonzofront beabsichtigen und dass dieser kleinere Unternehmungen (voraussichtlich bei Plava und Oslavija) vorangehen werden. ad 2) Das Herausziehen der 48. ITD der 10. Armee wird keine nennenswerte Schwächung der Kampffront zur Folge haben, da bei dieser Armee bereits 42 Kompagnien aus Marschformationen neu gebildet wurden. Bei der 5. Armee dürfte sich nur das Herausziehen der 18. ITD. schwieriger gestalten; zumal dann, wenn die Italiener hier tatsächlich bald angreifen sollten. - Heute lassen wir wieder ein Hughesgespräch an Cadorna los, das Besorgnis vor einer Verstärkung der Italiener in der Nevea-Gegend und bei Flitsch-Tolmein vortäuscht, der 10. Armee besondere Geheimhaltung nahelegt und durch eine Bemerkung über die Mailänder Fliegerunternehmung („die hoffentlich die Aufmerksamkeit weit nach Westen ablenkt“) glaubhafter werden soll.

Chef fährt heute abends nach Wien. Wurde angeblich zitiert, anscheinend wegen der bulgarischen Sache.

Wieder einmal eine recht interessante Depesche Sonninos an Carlotti in Petersburg: über die Briandschen Verhandlungen. Sonnino ist gegen eine diplomatische Zivilvereinigung, hält diese für eine unnütze Einrichtung. Briand ist der Auffassung, dass einer jener Momente nahe sei, in welchem sich die Verbündeten über den Plan für Unternehmungen im Februar einigen müßten; weiters auch über alles, was man könnte und müßte, um Rumänien für den Fall einer ernsten feindlichen Unternehmung kräftigst an die Hand zu gehen. Briand besteht darauf, dass sich die. 4 Regierungen jetzt einigen sollten, in der Erkenntnis des Prinzipes der Notwendigkeit und Nützlichkeit solcher Vereinigungen, in welchen das politische und militärische Moment in gleicher Weise vertreten sein müßte.“

Eine Zusammenstellung der R-Gruppe gibt interessanten Aufschluss über die Kräfte Verhältnisse: Wir (alles in Tausend Gewehren): 547,5 (+ 98,4 Marschformationen) an 646.000 Gewehre, 35.200 Reiter (gerechnet alle unter österreich-ungarischen Befehl stehend, also auch deutsche Kräfte). Diesen gegenüber auf russischer Seite: 575 – 620.000 Gewehre, 47 – 54.000 Reiter; dazu noch die Ersätze. Der Russe hat also für einen Angriff keinesfalls eine genügende Überlegenheit.

Abends übergebe ich Metzger einen Merkzettel mit verschiedenen Wünschen: Vom 20. Februar an vollständige Postsperre für alle aus dem engeren Kriegsgebiet der Südwestfront abgehenden Privatkorrespondenzen, bis auf weiteres (eine furchtbare, aber notwendige Maßnahme, die übrigens dadurch gemildert wird, dass Korrespondenzen zur Armee ungehindert laufen.). - Eine Besetzung des XX. KK. (General sagte mir schon vor einiger Zeit, dass dafür der Erzherzog Karl in Aussicht genommen sei und dass man ihm Waldstätten als Generalstabschef geben will. Ich schlage nun Sóos vor, damit Waldstätten auf seinem Posten bleiben kann. Dieser Name wirkt aber wie ein rotes Tuch; Metzger sagt, mit dem Mann könne man nicht mehr experimentieren. Auch habe der Thronfolger selbst Waldstätten gewünscht; vielleicht sei es aber möglich, einen Anderen vorzuschlagen. Ich nenne Zeidler; man wird es nun versuchen. Zeidler würde dann zunächst zum LVK einberufen und dort gründlich orientiert werden. Einen Ersatz für XVI. KKdo. (General will anscheinend Wurm bei Görz belassen, weil er die Verhältnisse kennt und nach Generals Ansicht - übrigens auch nach meiner - nichts Besonderes ist). Weiters die Forderung: Für genügende Sicherung an der Isonzofront während der Verschiebungen Zuschub wenigstens noch einer ITD zur Ablösung zu veranlassen. (Zugesagt 2 - 3 ITD, bisher zugeschoben nur die schwache 62. ITD; auf Tête der Türken vor Mitte März kaum zu rechnen.)

X
Tablet drehen