Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
13.02.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
13.2.1916

Vormittags, als ich meine ziemlich zahlreichen Stücke vorlege, kommt Chef herein und erzählt über den König der Bulgaren. Chef ist außerordentlich aufgeräumt und kann nicht genug darüber lachen, wie der König alle Leute, ja sogar den lieben Herrgott anschmiert. Letzteres heute in der Kirche, wo er zuerst in einem großen Gebetbuch eifrigst las, eine Stelle darin dem Marschall zum Lesen gab, und dann kam ein zweites, kleineres an die Reihe. In allem ist der König außerordentlich geschickt; er versucht alle um den Finger zu wickeln, um seinen Plan zu erreichen. Die ganze Teschener Reise galt anscheinend Prizren und Priština, das die Bulgaren gerne für sich haben möchten, wobei sie aber auf energischen Widerstand des AOK stoßen. Chef meint, nun sei der König auf ihn böse; heute früh hat er (der König) Laxa gefragt, wie er geschlafen habe und auf die Antwort „gut“ gemeint, er habe elend geschlafen und dies vor Sorge und Kränkung, weil man ihm im Herzen (das heißt durch die ablehnende Eröffnung über die beiden Städte) so weh getan habe… - Chef scheint in dieser Sache sehr fest bleiben und auch Burián neuerdings gewinnen zu wollen, der nun von Radoslawow bearbeitet werden wird. - Von der gestrigen Kinovorstellung will ich übrigens 2 historische Worte des Marschalls aufzeichnen: „Bumsti, a Trichterl“ (von einem Bombentrichter) und „Bauz, da liegt er!“ (von einem fallenden Soldaten). Heute sagte der Marschall, er sei schon ganz müde von diesem Besuch; Gott sei Dank dauere es nicht mehr lange. Über die „I“ Sache tut er (da ihm der Mund vom Chef mit allen Siegeln der Verschwiegenheit verschlossen wurde) sehr geheim; nur zu Metzger äußerte er gestern ganz verstohlen, ihm auf die Schulter klopfend,: Ich freue mich auf die Italiener…“.

Interessant ist auch, wie Conrad Falkenhayn nennt: „Ferdinand II“; er hat ihn natürlich auch im Verdacht, in der bulgarischen Frage gegen uns gepackelt zu haben.

Das Kommando der Südwestfront kommt immer wieder mit neuen Ideen. So möchten sie die 48. ITD statt durch das Pustertal auf der Tauernbahn abtransportieren - wegen Geheimhaltung; wird natürlich abgelehnt, weil dort alles in den großen Stationen und im weiteren Kriegsgebiet umso eher bekannt würde.

Abends sagt mir Pichler, die Quartierabteilung habe Auftrag erhalten, alle Vorbereitungen zu treffen, dass 6 Brigaden (!) am Skumbi (!) dauernd versorgt werden können. Der Gebietshunger kennt schon keine Grenzen mehr, und man berücksichtigt gar nicht, dass jene Vorsorge doch die I - Operation illusorisch machen würde. Überhaupt kämpfe ich mit großen Schwierigkeiten, um meine Divisionen zusammen zu bekommen. General versprach mir nun die 3.; abends bitte ich daher Christophori, gleich das Konzept zu machen; er meint natürlich wieder, er müsse zuerst fragen.

Die Verstimmung des Bulgarenkönigs scheint eine recht tiefe zu sein. Jedenfalls hat er sie auch äusserlich in geradezu leidenschaftlicher Weise kundgetan. Die schon im Wagen befindlichen Orden sandte er zurück. Angeblich sagte er, er werde gar nicht mehr nach Wien sondern direkt nach Sofia fahren; ja es wird noch ein viel drastischeres Wort kolportiert: „Die Feindseligkeiten können gleich beginnen“ (!). - Jedenfalls war man bei uns wieder einmal recht ungeschickt und undiplomatisch; Conrad war wahrscheinlich gar nicht beraten. Es wäre doch viel klüger gewesen, den König unserer wärmsten Sympathien zu versichern und alles bis zu den Friedensverhandlungen in Schwebe zu belassen! Übrigens ist unsere Position in Albanien militärisch sehr schwach und wird täglich schwächer, wenn wir noch weiter vorrücken.

An der küstenländischen Front heute angeblich an mehreren Punkten sehr heftiges, ja sogar Trommelfeuer. (Das heißt: Das Herausziehen des III. Korps wird Ernst!)

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