Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
17.12.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
17.12.1916

Schon um ¾ 7 Uhr gebe ich den Frührapport nach Adelsberg. Das Wesentlichste ist, dass sich die Dobrudza-Armee in Vorrückung befindet, der Feind sich aber dort zu stellen scheint.

Mittags kommt Wiesner wieder einmal über die Lage anfragen. Ich entnehme seinen Bemerkungen, dass das Ministerium des Äußern die Lage im Südwesten noch immer mit ernsten Besorgnissen verfolgt. Man hat nicht nur Angst vor dem Verlust von Triest, sondern auch vor einem weiteren Geländeverlust, namentlich in der Gegend des Meeres. Und das ist ja auch begreiflich. Die Politiker sind anscheinend auch noch nicht im Klaren, ob die Offensive im Osten gegen Russland nicht etwa über den Pruth fortgesetzt wird und betrachten natürlich den Gewinn im Osten als nicht hinreichend, um den möglichsten Verlust von Triest, der nach ihrer Überzeugung unseren Zusammenbruch bedeuten würde, riskieren zu können. Ich beruhige natürlich wieder und bitte ihn, alles aufzubieten, dass nicht etwa dem Kaiser zu einer Offensive gegen Italien mit kleinen Mitteln geraten wird. Ich übertreibe, wenn ich sage, dass man selbst den Verlust von Triest in Kauf nehmen müsste, wenn die Entscheidung des Weltkrieges nach der strategischen Lage anderswo zu suchen ist. Es scheint aber die Gefahr zu bestehen, dass die Politiker schon bei einem nächsten Terrainverlust die Nerven verlieren und sich zu einem solchen Drängen hinreißen lassen.

Mittagsresümee: Bei 5. Armee gestern nachmittags normale Artillerie- und Minenwerferkämpfe; in der klaren Nacht auf der Karsthochfläche einigermaßen lebhafteres, gegen den Raum von Hudilog zeitweise sehr heftiges feindliches Geschützfeuer. Truppe der 41.ITD bis auf eine FHB eingetroffen. - Die durch Schneefall unterbrochene Verbindung mit dem Krn - Gebiet wieder hergestellt. Heute früh trat neuerliche Bewölkung ein.

10.Armee nachmittags im Flitscher Becken und Plöckenabschnitt mäßige Artillerietätigkeit. Beiderseits emsige Schneeräumungsarbeiten. Wetter stark bedeckt, schlechte Sicht, sinkende Temperaturen (bis 13°), mehrere Lawinenabgänge, ohne Menschenopfer. - Heeresgruppe: Bei 11.Armee und an Fleimstalfront schwache Artillerietätigkeit. Wetter trüb, nebelig, kalt; Schnee zum Teil tragfähig. Gesamtverlust durch Lawinen vom 5. - 14.12.: 1952 Mann, darunter 795 Tote, 505 Vermisste. - Heeresgruppen-Kommando hebt Ausdauer und Opfermut der Truppen in dieser schweren Zeit besonders hervor. (Antrag auf Belobung an Kaiser nach Adelsberg).

Feind: Überläufer aus dem Görzischen und von der Karstfront sagten aus, dass die Offensive befohlen und nur wegen des Wetters eingestellt wurde; Artillerie und Minenwerfer seien vollzählig in Stellung; man warte nur auf besseres Wetter; unter Offizieren und. Mannschaften herrsche Kriegsmüdigkeit.

Gruppe Ferrari heißt nun 56.ID. (zuletzt 19 Baone).

Abends beim Rapport spreche ich mit Metzger über einige vertrauliche Sachen: Die gewisse Personalfrage, dann die Stimmung in der Operationsabteilung auf Grund der gewissen „Nadelstiche“; schließlich die heutigen Andeutungen Wiesners, letztere mit der Bitte, dem Chef nochmals von kleineren Unternehmungen gegen Italien abzuraten. Metzger hörte mich in allem ruhig und mit vollem Verständnis an, zeigte sich auch über alle internen Verhältnisse außerordentlich gut orientiert und sagte mir, dass auch er die Entwicklung dieser Dinge aufmerksam verfolge und sich ebenso wie Kundmann von der Absicht leiten lasse, dem Chef zu äußerster Mäßigung zu raten. Es sei am besten, die ganze Entwicklung des kaiserlichen Programmes, das ihm von den jungen und unerfahrenen Leuten eingegeben wurde, ruhig über sich ergehen zu lassen; solange der Chef nicht davon berührt werde, bedeute das alles nichts Großes.

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