Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
12.12.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
12.12.1916

Die Bethmannschen Erklärungen nahmen Interesse und Diskussion ganz in Anspruch. Die Morgenzeitungen machen ja ziemlich deutliche Andeutungen, worum es sich handelt: Die deutsche Regierung erklärt sich bereit, zu billigen Bedingungen einen ehrenvollen Frieden zu schließen. Es fragt sich nur: Was sind die billigen Bedingungen? Welcher Friede wird als ehrenvoll bezeichnet. Soll Belgien in irgendeiner Form als selbständiger Staat hergestellt werden? Oder verlangt Deutschland dass es eine deutsche Provinz werde, vielleicht in Gestalt eines Staates ohne auswärtige und Konsularvertretung? Der heutige Abend wird die Antwort bringen. Hier heißt es, dass vor der Bethmannschen Kundgebung mit den Neutralen intensiv verhandelt wurde und dass durch diese formell ein Angebot gemacht wird. Heute geht auch ein Armeebefehl hinaus, und zwar bei allen verbündeten Heeren. Der unsrige denkbarst ungeschickt stilisiert, gar nicht für Soldaten gemacht, eher von einem Pfaffen geschrieben, und zwar von einem, der nicht gut deutsch kann: So etwas muss auf die Truppen lähmend statt begeisternd wirken!

Mittagsresümee: Bei 5. Armee gestern nachmittags bei Aufheiterung des Wetters lebhaftes feindliches Artilleriefeuer, vornehmlich schwere Kaliber, gegen die Karsthochfläche. Nachts anhaltende Tätigkeit der mittleren und leichten Kaliber. Wetter neuerdings trüb und regnerisch. 10. Armee: Das Unwetter hielt auch nachmittags an und verursachte wieder Schäden und Verluste. Auch in Tirol anhaltende Schneefälle, zahlreiche Lawinenabgänge, unsere Stellungen ganz verschüttet, fast alle Höhenwege ungangbar, Verbindungen vielfach unterbrochen.

Feind: Urlaub nach Sardinien eingestellt; Grund unbekannt. Sonst nichts von Belang.

Abendresümee: Bei der 5. Armee setzten mit zunehmender Aufheiterung wieder mäßiges Artilleriefeuer und feindliche Fliegertätigkeit ein. An der Kärntner und Tiroler-Front dauern die Schneefälle und Schneestürme fort. Lawinen verursachten einen neuerlichen Verlust von 6 Toten, 4 Verletzten und 4 Vermissten.

Sehr wichtige Feindnachrichten: In Ala befindet sich ein neues Korpskommando, vermutlich mit der Nummer 29, dem die - möglicherweise neuerlich verstärkte - 37.ID untersteht. Zum 18. Korps gehört außer der 15. noch die 51.ID. (bisherige höchste Nummern: 26.Kps. ab 14 nur gerade Zahlen; 49.ID).

Glt.Secco, bisher Kommandant des 24.Korps, (Karstfront), hat das Kommando des 22.Korps übernommen und scheint sich in Bassano beim 6.AK. gemeldet zu haben. Alle diese Nachrichten deuten auf eine durchgreifende Neuregelung der Verhältnisse zwischen dem Gardasee und den Fassaner Alpen hin. - Die Brigade Liguria, zuletzt Ende Oktober im Verband der 44.ID. bei Recoaro festgestellt, ist östlich Görz (bei der 27.ID.) aufgetaucht. Ob es sich um eine Verstärkung der Görzer Front oder nur um einen Austausch dieser ausgeruhten gegen eine retablierungsbedürftige Brigade handelt ist nicht bekannt. Nach einer verlässlichen Nachricht aus dem Plöckenraum scheint eine Verringerung der Truppenverpflegsportionen bevorzustehen. Auf Sardinien ist der Bahnverkehr wegen Versenkung eines Kohlendampfers durch ein U-Boot eingestellt. Dies der Grund für die Einstellung der Urlaube.

An der rumänischen Front sind die verbündeten Kräfte kämpfend im Buzeutal und aus der Richtung Ploiești bis auf etwa 25 km an die Stadt Buzeu herangekommen. Die Russen sollen, wie ich höre, über die Jalomita die Donau Armee angreifen.

Beginne heute die Studie für eine eventuelle Offensive aus dem Küstenland (Zeitkalkül).

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