Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
09.08.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
9.8.1916

6 Uhr früh Ankunft in Teschen. Vormittag erste Orientierung. Lage im Görzischen sehr ernst. Stadt und Ebene dort geräumt, Höhen knapp östlich der Stadt besetzt. Feindliche Patrouillen in Görz eingedrungen. Gegner drängte bisher nicht nach. Am M.S.Michele und bei S.Martino heftige Angriffe abgewiesen. Laut Meldung 5.AK. ist Kampfwert der Brückenkopfbesatzung Görz und der 20. ITD. durch Verluste (über die Hälfte) derart gesunken, dass diese Divisionen momentan kaum zählen. AK. hat alle verfügbaren Reserven in das Wippachtal geworfen; diese dürften momentan ausreichen, die zweite Linie, im Verein mit der 58.ITD bis zum Eintreffen der Verstärkungen aus Tirol zu halten. - VII. begann nachts Abschub der Artillerie west1ich des Vallonetales und geht voraussichtlich in der kommenden Nacht in die Linie östlich dieses Tales zurück.

Feind verfügt gegenüber unseren 13 ½ Brigaden, von denen 5 kaum zählen, über 26. „So schwer der Entschluss fällt, glaube ich (Boroević) ihn fassen zu müssen, um die Fortsetzung des Kampfes mit Aussicht auf Erfolg gewärtigen zu können.“

Hierauf erfolgt Entscheidung. „Mit dem Entschluss einverstanden. AOK.“ AOK legt auf geordneten und möglichst geschlossenen Einsatz der anrollenden Truppen (8. und 2. GBrig., dann noch eine kombinierte ITD zu 9 Bataillonen) großen Wert. Unter diesem Gesichtspunkt hat AK. zu melden, wie es Versammlung und Verwendung dieser Kräfte plant. Weiters ist über eigene Verluste an Mann und Material, sowie über Geist und Zustand der Truppen möglichst bald klar zu berichten. Persönliche Einwirkung der Kommandanten wird auch in jetziger Lage viel leisten können und ist daher besonders nachdrücklich zu fordern.“

An die Heeresgruppe erging Nachmittag die Direktive: „Trotz ernster Lage im allgemeinen und am Isonzo im Besonderen, wo 5. AK. Front auf Höhen östlich Görz und östlich des Vallonetales zurücknimmt, denkt AOK. aus den auch vom HGK dargelegten Gründen dermalen nicht an ein Zurücknehmen der 11. Armee in die frühere Widerstandslinie. Demgemäß ist Ausbau der jetzigen Kampffront, die das AOK speziell durch Minenwerfer stützen wird, mit aller Kraft fortzusetzen. Da es auf Widerstand in zwei Stellungen keinesfalls ankommen kann, sind die nicht in der Kampffront und am Wege- und Unterkunftsbau beschäftigten Arbeitskräfte und technischen Mittel zur Instandsetzung der - selbstverständlich örtlich zu berichtigenden - früheren Winterstellung zu verwenden. Zur Erhöhung der Widerstandskraft der durch die wiederholten Abgaben geschwächten Kampffront gibt AOK. die Einreihung ausgebildeter Ersatze zur Erwägung. Auch die Infanterie der kombinierten ITD Hrozny ist durch Einreihung von Marschformationen möglichst auf Stand zu bringen. In jetziger Lage ist es für AOK. besonders wichtig, fortlaufend die Auffassung des HGK. über Lage, Verhalten und mutmaßliche Absichten des Feindes, letzteres besonders im Etsch- und Panereggioabschnitt zu kennen.“

Mittags Meldung bei Conrad, erzähle ihm meine wesentlichen Eindrücke; er betont, dass nun so viel als möglich - an Truppen  und Geschützen - von der Heeresgruppe zur 5. Armee abgehen müsse; auch hält er dafür, dass die Heeresgruppe sobald als möglich wieder den Befehl über die ganze Südwest Front übernimmt. - Zur Geschichte der jüngsten Ereignisse möchte ich vermerken: Am 7., 2 Uhr nachmittags wurde der Befehl zum Abtransport der 2.GBrig. gegeben. An diesem Tage meldete die Heeresgruppe folgende Verteilung der Streitkräfte: HG 136: 391; 10.A. 42:55; 5. Armee 120:195 alles in Tausendern. Das Heeresgruppenkommando ist der Ansicht, die jetzigen Kämpfe bedeuten keine Entscheidung suchende Offensive; eine weitere Stärkung der 5. Armee auf Kosten der Heeresgruppe sei nicht gerechtfertigt. Gleichwohl wurden - sehr richtig - Bereitstellung und Abtransport der 2.Gebirgsbrigade verfügt. Am 8. sagt das AOK, die Lage an der Isonzofront werde in den nächsten Tagen weitere Abgabe von der Heeresgruppe notwendig machen; daher sei eine eventuelle kombinierte ITD. derart bereitzustellen, dass sie an die 2. Gebirgsbrigade anschließen kann. Das 5. AK. meldete an diesem Tage mittags, an eine Preisgabe von Görz werde nicht gedacht; ebenso wollte es den M.S.Michele noch halten; jeder Schritt solle zähe verteidigt werden. - Heute halten die Italiener den Abschnitt von Plava unter heftigstem Artillerie- und Minenwerfer-Feuer. Stimmung der Truppe dort zuversichtlich. Bei Görz klärte der Feind mit Infanterie und Kavallerie auf; vom Kastell rückte Infanterie bis zum Bahndamm - beiderseits der Straße nach Aisovizza - vor. Am Plateau von Doberdò dauern Artilleriefeuer und Angriff fort, ohne dass die Italiener einen neuen Erfolg erzielt hätten.

Die Lage auf dem russischen Kriegsschauplatz, zeigen Rumänien und die politische Situation überblicke ich heute noch nicht; darüber also später.

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