Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
18.08.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
18.8.1916

Von gestern auf heute Inspektion. Bin aber zu müde und komme zu spät zum Schlafen, als dass ich hätte viel „spionieren können“. - Die bulgarische 1.Armee hat die Offensive begonnen und gestern Nachmittag Florina genommen; bei der deutschen 11. Armee wurden die vorgeschobenen Stellungen bei Doiran vom Feind vergebens angegriffen.

Um Mitternacht ein Telegramm des Erzherzogs Karl zur persönlichen Kenntnis an Conrad, dass man mit dem Generalstabschef der deutschen Südarmee, Oberstleutnant Hemmer, nicht zufrieden, wegen seiner scharfen und ungerechten Beurteilungen nicht einverstanden ist. Die Heeresgruppe Prinz Leopold muss nun doch die 16.ITD (9 - ½ - 6) beistellen.

Nach den Vormittagsmeldungen bei der 5. Armee nichts von Belang; kein neuer Infanterieangriff. Laut Gefangenenaussagen wird die jetzige Stellung nur als eine vorübergehende betrachtet, weil man mit einem Durchbruch auf dem Plateau rechnet. Für den 20. soll ein großes Bombardement geplant sein.

Um 2 Uhr nachmittags Kaiserdiner im Schloss; Deutscher Kaiser mit Falkenhayn (dieser als österreichischer Inhaber), Lyncker, Plessen u.s.w. anwesend. Österreichische Uniform nimmt viel von der Majestät weg; sie ist „gemütlich“ - wie die, die sie tragen. Kaiser anfangs sehr ernst; namentlich während er bei „Heil Dir im Siegeskranz“ salutiert; auffallend gut gefärbt; sieht sehr frisch aus. Bei Tisch wird er schon gesprächiger. Essen im „Custozza – Zelt“. Niederträchtige Hitze. Marschall liest recht holprig seine Rede herunter. Nach der Tafel, die an Reichhaltigkeit trotz der schweren Zeiten nichts zu wünschen übrig ließ, hält Deutscher Kaiser im Schlosspark Cercle; habe Gelegenheit, ihn lange zu beobachten. Er sprach mit außerordentlicher Lebendigkeit, unterstützt seine Rede mit lebhaften, oft drohenden Gebärden seines rechten Armes. Sehr lange sprach er auch mit Metzger; wie dieser sich äußerte, sehr zuversichtlich. Er hofft, dass die Russen, wenn jetzt ihr großer Ansturm gebrochen ist, zu einem Vergleich bereit sein werden. Metzger scheint nicht so optimistisch zu denken. Und bei uns in Wien herrscht schwarzer Pessimismus; sodass aus der kaiserlichen Antwort auf die Glückwünsche des Erzherzogs das Wort „Missgeschick“ herausgenommen werden musste … Nach ½5 Uhr fährt Deutscher Kaiser nach Pleß zurück.

Bei uns ist an der Front der 5. Armee ziemliche Ruhe eingetreten; alles deutet aber darauf hin, dass die Italiener einen neuen Angriff und zwar im Doberdòabschnitt vorbereiten.

Daher ein Gesamtverlust von 69.000 Mann, wovon etwa 60.000 auf 5. Armee entfallen dürfte.

Abends schlage ich vor, dass auch 1. Korpskommando von Tirol zur 5. Armee abgeht. Metzger überlegt sich das noch, weil er möglicherweise eines vom russischen Schauplatz frei bekommt

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