Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
02.04.1916
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
2.4.1916

Major Rohrscheidt telegrafiert noch immer alles, auch über 5. und 10. Armee, ganz detailliert nach Mezières. Schon gestern zeigte ich General wieder eine Probe solcher Telegramme, und meinte, man möge die Sache vielleicht ausnützen, um auch den Deutschen einen Verbindungsoffizier zu einem höheren Kommando bei Verdun zu setzen; worauf Metzger allerdings sehr richtig antwortete, der würde nichts erfahren, weil die Deutschen nicht so tratschen wie wir… - Heute ergeht aber ein Befehl des Chefs an Exzellenz Krauss. Nach Mitteilung der Telegramme Rohrscheidts heißt es: E.E. werden diesen Telegrammen entnehmen, dass es gegenüber Major Rohrscheidt doch nicht an zu weit gehendem Entgegenkommen seitens des einen oder anderen eingeweihten Generalstabsoffiziers gemangelt haben kann, zumal sich die Meldungen jetzt sogar auf die ganze Front erstrecken und öfters früher erfolgen als jene an das AOK. Sollten E.E. es für ausgeschlossen erachten, die Orientierung des deutschen Majors auf das geringste Maß einzuschränken, so müsste das AOK. seine Entfernung in Erwägung ziehen. Ich brauche E.E. nicht zu versichern, dass die vorstehenden Ausführungen nicht nur in der Erfahrung, sondern auch in der Erwägung tief begründet sind, dass gewisse deutsche Einflüsse unserer Operation und Politik gegen Italien zu ernstem Nachteil gereichen können. (Chef fügte bei: Ich gewärtige eingehende Meldung, wieso es kommen konnte, dass Major Rohrscheidt derart eingehend informiert ist, wer Schuld daran trägt, was gegen die Betreffenden veranlasst wurde und welche Maßnahmen ergriffen sind, um derart gefährlichen Indiskretionen vorzubeugen. -) Nachmittags meldet sich Major Krajcsovics bei mir. Er ist heute auftragsgemäß von seiner Mission in Laibach zurückgekommen. Die Sache scheint gut gewirkt zu haben. Auch Boroević ist aufgesessen. Dermalen kennt sich unten niemand aus…

Von der Heeresgruppe kommt eine ergänzende Meldung über Termine und Pläne. Versammlung der Korps nach vorwärts beginnt 7. April. Einschießen wird allmählich, weil keine Beobachtungspunkte und nur mit Fliegern möglich, derart durchgeführt, dass die Zahl der täglich abgegebenen Schüsse die bisher üblichen nicht wesentlich übertrifft. Begonnen wird mit jenen Kalibern, welche bereits früher auf den Plateaus installiert waren, schwerste Kaliber zum Schluss. - Weiters werden die Angriffsräume der Korps angegeben. Besonders das VIII. dehnt sich stark nach Westen aus; es geht nicht nur den Col Santo, sondern auch die Zugna an. Auch erhalten die Korps recht weite Ziele: VIII. Schio, XX. Raum um Arsiero, III. Asiago. Als nächstes Operationsziel wird bezeichnet: Die Situation Zugna - Col Santo - Borcolapass - Nordhang des Becken von Laghi - Plateau von Tonezza - Rücken Campolongo - Verena. - XX. hat durch Vorgehen über M.Maggio gegen Borcolapass den Angriff des VIII. zu unterstützen. III. soll durch überraschendes Vorgehen beherzter, ausgeruhter Abteilungen den M. Kempel in Besitz nehmen. XVII. ist Armeereserve. - Abends spreche ich mit Metzger über diese Meldung und gebe meiner Ansicht Ausdruck, dass die Ziele recht weit gesteckt sind und man das Ganze nur gelten lassen könne, wenn man voraussetzt, dass diese Meldung nicht etwa die gekürzte Wiedergabe eines Befehles ist und dass die Ziele wirklich, wie angegeben, Operations - und nicht etwa Angriffsziele sind. Gleichzeitig bemerke ich aber, dass ein Eingreifen des AOK jetzt keinen Zweck mehr hätte; die untere Führung macht doch, was sie will. Es kann nur noch darauf ankommen, in irgendeiner klugen Form wieder auf das Zusammenhalten der Kräfte hinzuweisen.

Heute Inspektion; die geht einem jetzt schon auf die Nerven, die doch schon ziemlich verbraucht wurden in diesem Krieg.

Nach Abendmeldung: 56 schwere, 39 andere Batterien in Stellung. Feind arbeitet überall lebhaft an der Verstärkung seiner Stellungen.

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