Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
11.09.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
11.9.1915

Lese heute das Original-Telegramm Falkenhayns. Es klingt ungefähr in folgendem Satz aus: „Durch die gedachte Maßnahme wird zwar der bereits entstandene militärische und politische Schaden nicht gut gemacht, wohl aber Schlimmeres verhütet, was mir mit Rücksicht auf die Stimmung im russischen Heer und die Haltung Rumäniens sehr wichtig erscheint“. - Das Antworttelegramm ist sehr bescheiden gehalten, und sagt etwa, „dass ganz im Einklang mit dem Telegramm Falkenhayns der Antransport des VI. Korps und der mit der Tete bereits ausladenden 37. ITD verfügt wurde. Diese Kräfte werden der 7. Armee zur Verfügung gestellt, um die Serethlinie wieder zu gewinnen; - das heißt, sie gehen auch zum Teufel! - Man kann sich einmal nicht zur Verteidigung entschließen. So wurde auch der Heeresgruppe Erzherzog Josef gestern erneut befohlen, dass nach der allgemeinen Lage ihr sofortiger und energischer Angriff größte Bedeutung habe. -

Italien: Beim gestrigen Hughesgespräch mit Salis, als ich das Ausbleiben der 6. ITD avisierte; fragte ich auch, wie man die Lage beurteile, falls noch eine 3te Division abgegeben werden müsste. Salis hält die Kräfte dann für einen ernsten italienischen Angriff für unzureichend. Nachmittag bestätigte Exzellenz Krauss diese Auffassung und teilt mit, dass beabsichtigt war, nach Eintreffen der 6. ITD dann IR. 7 nach Kärnten und die 8. ITD nach Tirol zu verlegen. Beides müsse nun vorläufig unterbleiben, was insoferne bedauerlich ist, als mit fortschreitender Jahreszeit der Wunsch nach Reserve zur zeitweisen Ablösung der seit Monaten in. Hochgebirgsstellungen befindlichen Abschnittsbesatzungen immer dringender werde. - Ich antworte, „dass auch ich dies sehr bedauere, es aber für möglich halte, dass sich die Verhältnisse in einiger Zeit derart ändern könnten, dass vielleicht doch die 6. oder aber eine andere (3. ?) abgehen könnte.

Vor 2 Wochen allerdings glaube ich nicht darauf rechnen zu können. Daher auch der, heutige Befehl! - (Das heißt der Befehl vom 10.9.). - Die heutige Mittagsmeldung signalisiert lebhafteres feindliches Artilleriefeuer an der ganzen küstenländischen Front. Aber auch aus der Abendmeldung ist eine erhöhte Tätigkeit des Feindes ersichtlich, ohne, dass es jedoch zu einer größeren Aktion gekommen wäre. Bei Flitsch, bei Tolmein rührt sich die Infanterie wieder, bei Doberdò war vormittags nur der Nordostabschnitt unter lebhafterem Feuer. Abends ein längeres Gespräch mit Waldstätten, wegen der Grödnertalbahn, die nun hoffentlich endlich gebaut werden wird. -

Abends wieder ein Gespräch mit Kageneck über die Lage auf dem russischen Kriegsschauplatz. Ich behaupte, dass die ostgalizische Front mit dem VI. Korps und der 37.ITD unbedingt halten kann (auch gegen viel stärkere russische Angriffe) wenn sofort die Einstellung der ganzen Offensive und die reine Verteidigung befohlen werden. Anderenfalls werden die Verstärkungen zu Gegen- „Gasdämpfen“ (Gegenangriffen) eingesetzt und verlieren dabei solange am Stand, bis der Russe wieder stärker ist und neue Kräfte heran müssen. Ich sage, ich lasse mich für diese Ansicht hängen; er könne das Falkenhayn berichten.

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