Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
26.10.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
26.10.1915

Heute arbeite ich am Referat über die Verhältnisse nach der dritten Isonzoschlacht, das ich abends vorlegen will. Zweck dieses Referates ist, ein überstürztes Abziehen von Kräften nach der Schlacht zu verhindern und auf eine Klärung des Verhältnisses zwischen Deutschland und Italien hinzuarbeiten. -

Nach der Mittag- und Abendmeldung hält die verhältnismäßige Pause an der Plateaufront an; dagegen wird im ganzen Abschnitt des XV. Korps sehr heftig gekämpft. Jedenfalls ist von einem Ende der Schlacht noch keine Rede; im Gegenteil, ich schätze ihre Weiterdauer noch auf eine Woche. - Zum Referat bemerkt General: „Nach der Schlacht werden jedenfalls sogleich 2 Divisionen als Reserve des AOK für eventuelle Verschiebungen gegen R oder S bereitzustellen sein. - Im Bedarfsfalle auch die 6., weil wir leider nicht alle besonders qualifizierten Truppen gegen I stehen lassen können.“ Im Übrigen hält er das Referat vom Standpunkt des Krieges gegen Italien einwandfrei und prinzipiell auch vom Stand der Gesamtlage zutreffend.“ Doch können die Verhältnisse auf anderen Kriegsschauplätzen Änderungen notwendig machen. Wenn Russland gegen uns Erfolge hätte, wäre es nichts mit der Offensive gegen Italien.“- Der Chef ärgerte sich anscheinend sehr über das Referat; denn er bemerkte: „Die komplizierte Situation eines Krieges nach 3 Fronten zwingt uns dazu, seitens der Obersten Heeresleitung vollkommen vorurteilsfrei, so zu sagen von Tag zu Tag, die jeweilig zweckmäßigsten, durch die jeweilige Lage bedingten und nicht im Voraus bestimmbaren Entschlüsse zu fassen und in die Tat umzusetzen. Daran muss auch in der Folge festgehalten werden.“ Diese Auffassung ist bezeichnend: Mit anderen Worten, von der Hand in den Mund leben. Mir kann es recht sein; übrigens werde ich doch meine Absichten durchzusetzen wissen. - Abends sagt mir General noch, Seine Majestät wünsche, dass das abschließende Communiqué über die Isonzoschlacht derart gehalten sei, dass Wien beflaggen könne.

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