Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
20.11.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
20.11.1915

Früh kommt Schittler aus Tirol zurück. Aufnahme bei Dankl und Pichler sehr kühl, sonst freundlich. überall Zuversicht, gute Versorgung der Truppen. - Gestrige Nacht und heutige Mittagsmeldung ändern das Bild der Lage nicht. Der italienische Angriff ist nicht besonders wuchtig. Ich glaube aber, das wird noch kommen. Nachmittag treffe ich Wiesner, der erzählt, das Ministerium des Äußeren hätte abermals verlässliche Nachrichten, dass ein ganz großer Angriff auf Görz bevorstünde. - Mittags ging eine Antwort auf Falkenhayns Depesche ab; Jacobich überbringt sie. Nach 4 Uhr kommt Falkenhayn selbst per Auto. Besprechung bei Chef. Bin sehr neugierig, worum es sich handelt; vermutlich um die neuen Balkanpläne. - Chef ließ heute kundtun, die ihm in letzter Zeit entgegengebrachte auffallende Liebenswürdigkeit sei ihm nicht angenehm. Gemeint sind damit die Besuche bei seiner Frau; sogar die Juden der Nachrichtenabteilung sind bereits dort erschienen… - Eine sehr interessante Zusammenstellung gibt Aufschluss über die seit Kriegsbeginn bis Ende Juli 1915 ausmarschierten Feld- und Neuformationen und über die Ersätze. Die Gesamtsumme beträgt über 76.000 Gagisten, nahezu 3,000.000 Mann beim Heer allein. Die Daten über k.k.Landwehr und Landsturm fehlen. Ungarische Landwehr und Landsturm an 23.000 Gagisten, 1,100.000 Mann.

Die Abendmeldung läßt keinen Zweifel darüber, dass die Italiener mit neuem Kraftaufwand Görz einnehmen wollen. Vor dem Brückenkopf ist die Brigade Puglie, die bisher vor Vielgereuth stand, aufgetreten. Sie griff an und brach bei Oslavija ein. Von unseren Armeereserven wurde ein Infanterie Regiment dem Görzer Brückenkopf, 2 Kärntner Bataillone dem VII. Korps zur Verfügung gestellt. Das 5. AK. verfügt einschließlich der 9. ITD., die heute abends einzutreffen beginnt, im ganzen noch über etwa 11.000 Gewehre als Reserve. Ich beantrage und erreiche, dass die 9.I.Brig. hinunter fährt. General ist zuerst noch für das Warten, gibt aber schließlich zu, dass ich für morgen das Konzept für den Abtransport vorbereiten kann. - Kageneck erzählt mir noch spät abends, Falkenhayn habe gesagt, er hält es für unbedingt notwendig, dass die Isonzofront behauptet wird. Im Übrigen sei volles Einverständnis zwischen den beiden Chefs, die allein verhandelten, erzielt worden.

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