Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
18.11.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
18.11.1915

Nach der. Mittagsmeldung begann heute ¼ 6 Uhr früh das systematische Bombardement von Görz; sehr heftig, in der ersten Stunde allein 40 Schuss. Diese Hunde! - Nachts griffen sie auch an einzelnen Stellen an, aber nur schwächlich. Jenes Tasten, das den großen Stürmen vorangeht. Ich bin (so ziemlich als der Einzige, vielleicht noch Kless!) überzeugt, dass es vor dem 1. Dezember noch einmal losgeht! - Der Einzige, der dies verhindern könnte, wäre der Heilige Petrus; der machte aber Schnee und klares Wetter drunten, während wir hier Schneesturm haben. Renne täglich ein paar Stunden hinaus und dichte dabei wohl auch einiges. - Nach 7 Uhr abends kommt Kageneck kiebitzen. Er erzählt mir „unter uns“ - Falkenhayn habe sich geäußert, er sehe nichts, gar nichts von einem Frieden. Die Nachrichten über Griechenland lauten gut. Man will nun anscheinend die gelandeten Entente-Truppen angreifen und. hofft, dass sie dann von Griechenland einen: Rückenstoß bekommen werden. - In Frankreich soll wieder eine Offensive bevorstehen; man erwartet ein 120stündiges Trommelfeuer gegen einen noch engeren Raum. Es bestehe aber keine Besorgnis.

Die Abendmeldung gibt mir wieder einmal Recht: Ein neuer großer Angriff steht teils bevor, teils hat er schon begonnen; so am Plateau, wo schon wieder wüst gekämpft wird und unsere Situation bei Peteano augenscheinlich wackelt, während am Görzer Brückenkopf erst die Feuervorbereitung im Gange ist. Ich resümiere meine Eindrücke, wirklich objektiv. General meint beim Referat: Ich kenne deinen stillen Wunsch, du willst eine Division haben; Ich sage, gewiss; die Lage wird in einer Woche höchst kritisch. Worauf er dann zu spekulieren beginnt - über eine Brigade der 2. oder 7. Armee. Gegen die 70. Division bin ich selbst, weil sie noch nie im Feuer war. - In meinem Resümee habe ich gesagt: „Im Küstenland steht ein neuer großer Angriff der Italiener unmittelbar bevor; gegen den Raum von Plava und den Görzer Brückenkopf hat die Artillerie Vorbereitung, gegen den nördlichen Abschnitt der Hochfläche von Doberdò der Angriff selbst bereits begonnen. - Am Nordhang des M.S.Michele wogte der Kampf wieder hin und her; schließlich zwang das feindliche Geschützfeuer unsere Truppen zur Räumung ihrer Stellung. Auch an der Bahn östlich Peteano drangen die Italiener ein. Das Ergebnis eines vom 5. AK. angeordneten Feuerüberfalles gegen Peteano ist noch nicht bekannt. Die Angriffe auf den Abschnitt südwestlich S.Martino wurden bisher sämtlich abgewiesen. - Ob sich die neuerliche „Offensive“ auch gegen die Isonzofront nördlich Plava richten wird, ist noch nicht zu überblicken; vorerst hat die Tätigkeit des Feindes dort mehr demonstrativen Charakter. Der Hauptstoß dürfte gegen Görz und den benachbarten Plateauabschnitt erfolgen.- Das 5. AK. hat seine ganze Reserve, zusammen gegen 9000 Gewehre, hinter dem Raum von Görz gruppiert. Hinter dem bedrohten Plateauabschnitt stehen als Reserve des VII. Korps 15 Baone., zur Hälfte Landsturm. Ab morgen abends dürfte die 9. ITD, gegen 6000 Gewehre stark, eintreffen. - Das VII. Korps dürfte seine Kraft, den täglichen Einsatz mit 3 Baon. gerechnet, in 5 Tagen aufgebraucht. haben. Zwei weitere Tage kann die 9. ITD reichen. Sollte das 5. AK. nicht gezwungen sein, den Görzer Brückenkopf durch Armeereserve ausgiebig zu stützen, so mag sich die vorauszusehende Widerstandskraft des nördlichen Plateauabschnittes von 7 auf 9 - 10 Tage erhöhen. Da vorgesehen werden muss, dass der Feind den Angriff, eventuell mit Ablösungspause., länger durchhält, scheint eine neuerliche Verstärkung der 5. Armee (hiezu bemerkt Chef: „woher?“) dringend notwendig, zumal auf ein termingemäßes Einsetzen der XVI. Marschbaon., die übrigens den Plateaukämpfen kaum gewachsen wären, nicht zu rechnen ist.

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