Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
14.07.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
14.7.1915

Nachmittag bekomme ich die Ergänzung meines Referates und den Befehlsentwurf von Metzger zurück. Im Wesentlichen wurden zwei Dinge ausgekocht: 1) soll statt Erzherzog Eugen G.d.K. Dankl die entscheidenden Operationen leiten; 2) bleibt es bei dem Stoß auf Longarone, der den Hauptangriff begleiten soll. -

Was der Grund zur ersteren Absicht ist, überblicke ich noch nicht ganz; Metzger sagte, die Persönlichkeit des Generalstabschefs, der nicht gehorchen könne. Vielleicht waren aber doch auch andere Momente maßgebend: Dankl ist ein guter Freund des Chefs und Erzherzog Eugen soll vielleicht nicht zu groß werden; das wäre sicherlich „dem Schloss“ nicht willkommen. Jedenfalls spricht eine Unzahl persönlicher und sachlicher Gründe gegen diese Lösung; ich werde sie morgen in irgendeiner Form zusammenstellen. - Die zweite Sache, sowie überhaupt viele Bemerkungen zum Referat entspringen veralterten Auffassungen über Angriff und Verteidigung. Und welche merkwürdigen Bemerkungen finden sich in Befehl und Studie. - Alles wie immer schnell hingeworfen. So wird noch immer von einem Vordringen der italienischen Hauptkraft gegen Innerösterreich gesprochen! Ja hat man denn so wenig Glauben an

die Kraft unserer Verteidigung, die sich nun schon bald 2 Monate bewährt und immer stärker wird? Dann „der Eintritt Italiens in den Krieg hat bisher nicht viel an der Gesamtkriegslage geändert; sein Ausfall würde wahrscheinlich besonderen Einfluss darauf ausüben“. Was heißt das? Schätzt man 1/4 Millionen guter Truppen so gering ein? Mir blieb der Verstand stehen, als ich dies alles lese. - Nun aber heißt es wieder klug sein, und die Dinge, frei von kleinlichen Rücksichten so beenden, wie es die Sache erfordert.

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