Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
11.02.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
11.2.1915

Fahrt mit Auto Lilienhofs, da meines noch nicht in Ordnung, nach Woitinell, wo Kolonne rastet. Während der Fahrt Nachrichten, dass feindliche Kavallerie mit Geschütz bei Czudyn steht. Um 10h15 wird dem Oberst Göpfert der Angriff befohlen. Unterdessen kommt man darauf, dass dies heute nicht mehr durchführbar ist. Oberst Göpfert sagt, dass seine Mannschaft, die Tschechen, brav und willig sei, aber schon recht hergenommen. Das Marschieren in der Kälte und im Schnee strenge die Leute sehr an. Sah selbst dieses Bataillon; sie schauen wirklich sehr minder aus. Alte Leute, die sich mühsam vorwärts schleppen. General Lilienhof hält Ansprache an die Leute, bringt Hoch auf den Kaiser aus.

Ein Gulasch beim Bataillon IV/78, das in Serbien sehr brav kämpfte und kolossale Verluste hatte; Geist bei dieser Truppe vorzüglich; das Regiment verlor bereits über 80 Offiziere! - Wie der physische Zustand der Landstürmler ist auch das taktische Geschick dieser Truppe. Der gesicherte Halt nördlich Woitinell ist der lustigste Krieg, den man sich denken kann. Feldwache Aufstellung nur markiert; dampfende Fahrküche auf der Höhe. - Einlaufende Nachricht lässt erkennen, dass Feind von Czudyn abgezogen ist. Die Kolonne tritt, etwa 1230 nm., wieder den Marsch an. Wir fahren vor, um mit dem Detachement Verbindung aufzunehmen, das der Gruppe von Straža auf Ober Wikow zudisponiert ist. Die Brücke bei letzterem Ort ist wieder grässlich verbrannt. Nach längerem Suchen treffen wir im Westteil das ersehnte Detachement; es besteht aus einem kombinierten Bataillon, 2 Geschützen und einer halben Eskadron Landwehrhusaren. - Das kombinierte Bataillon ist das jämmerlichste, das ich je gesehen habe. Es wurde von seinem Kommandanten, einem Hauptmann des IR 16, vorgestern auf Befehl der 36. ITD übernommen. Dieses Bataillon war ursprünglich das Lst. Baon.29 in Krakau; mährische Mannschaft, größtenteils (circa 90 %) tschechischer Nationalität; wurde infolge der Verluste bei einem Ausfall aus Krakau und bei Märschen auf 2 Kp. reduziert, die jetzt einen Stand von 40 Mann haben. Die übrigen 2 Kp. sind das ehemalige Gendarmerie Baon. Nr. 2 (Bukowina), hatte keine Offiziere; jetzt wird es von Landsturm Offizier des Bataillons 29 geführt. Diese Leute sind Rumänen, Huzulen und auch Deutsche aus der Bukowina. - Sah die Leute am Marsch, sie schleppen sich wie Greise dahin, ein jämmerlicher Eindruck, der auch von der Bevölkerung wahrgenommen wird. Ich habe den Eindruck, dass die ganze Gruppe Lilienhof eigentlich nur 1 - ½ - 8 Gesch. stark ist; das andere ist für die Offensive absolut unbrauchbar, aber auch in der Verteidigung nicht viel wert. - Nächtigung in Ob.Wikow. Divisionskommando in diesem Ort, trotz sehr mangelhafter Sicherung; man kann einen ordentlichen Elan nicht verlangen, die Truppen sind hin. Auch: der ganze Apparat bei der Division kann nicht klappen; kein Telefon, alles zusammen gewürfelt. - General Lilienhof brachte beim kombinierten Bataillon ein Hoch auf Seine Majestät aus, und zwar mittels Dolmetsch in böhmischer und rumänischer Sprache; der Eindruck war ein sehr verschiedener. Die Rumänen zeigten ehrliche Freude und Begeisterung, die Böhmen taten gerade mit.... - Abends gegen 6 Uhr sprach ich telefonisch mit Zeynek in Seletin; falls mein Auto nicht rechtzeitig kommt, beabsichtige mit einem vom Korps Czibulka hieher kommenden Ordonnanz Offizier zum Korps Kommando zu fahren. - Kolossale Marschleistungen der Trains; heute machte eine Munitionskolonne, die schon seit mehreren Tagen bittet, den Beschlag der Pferde erneuern zu können, 45 km. - Abends 1030 trifft Oberleutnant Graf Csiraky, Ordonnanz Offizier vom Korps Czibulka ein, der mich nach Seletin zu bringen hat. Von meinem Auto nach immer keine Spur! Nachts Fahrt nach Seletin, Ankunft 1 Uhr früh.

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