Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
23.08.1915
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
23.8.1915

Bin schon wieder so ziemlich in Ordnung. - Vormittag fährt Conrad nach Pless. Auch bei uns beginnt schon das Wetterleuchten der Balkanoperation. - Gegen Boroević ist nichts zu machen. Auf das Pensionsgesuch konzipiert Conrad selbst die Erledigung: „Berichte lassen keinen Zweifel darüber, dass es sich um einen Antagonismus zwischen Boroević und Krauss handelt. Ich bin überzeugt, dass Eure k.u.k. Hoheit das im Interesse der großen Sache unerlässliche reibungslose Funktionieren der beiden Generale zu erzwingen wissen werden." Es besteht hier eine merkwürdige Antipathie gegen Krauss, die der schlaue Kroate Boroević natürlich geschickt auszunützen weiß. Diese Antagonie ist aus scheeler Missgunst zu. erklären. Metzger sprach sich heute sehr abfällig über Krauss aus; letzterer sei ein Dickschädel, der keine andere Ansicht dulde u.s.w. Der Chef denkt vielleicht daran, dass Krauss sein Nachfolger werden könnte... Nun ich muss sagen, nach den anfänglichen Streitigkeiten, die sich vielleicht mehr auf Unkenntnis der Lage beim Kommando der Südwestfront gründeten, klappt alles sehr gut. Vor allem will man unten Ordnung machen und erhalten, was so unendlich wichtig ist im Kriege und hier vollkommen unterschätzt wird. Boroević dagegen macht mutwillig Unordnung! Also weg mit ihm, den Anlass benützen, damit dieser Schädling endlich verschwindet.... Doch das ist ja verlorene Liebesmühe… -

Heute früh überbrachte Major Kurz vom Kommando Südwest als Kurrier eine Situation. Er scheint sehr pessimistisch zu sein, erzählt mir alle möglichen Schauergeschichten über Cholera, schlechte Verpflegung, schreckliche Verwundungen u.s.w. Weiters teilte er mir mit, dass nächster Tage Oberstleutnant Salis mit operativen Vorschlägen kommen werde. Es handelt sich vermutlich um einen Angriff mit dem begrenzten Ziel, die Italiener vom Plateau hinunter zu werfen und selbst in der Ebene Fuß zu fassen, wenn möglich aber bis zum Isonzo zu kommen. Ich erachte (soweit sich von hier aus beurteilen lässt) ein derartiges Unternehmen als wenig Erfolg versprechend. In einer Nacht gelingt so etwas nicht; dann aber, bei Tag, ist man im Feuer der ganzen, mehrfach überlegenen schweren Artillerie und hat den Kanal von Monfalcone zu überschreiten, der 40 m wenigstens breit und 4 m tief ist. Sollte das Artilleriefeuer mit den Steinsplitterungen wirklich unleidlich werden, so komme eher ein Zurückgehen in die Stellung westlich des Vallonetales in Betracht, die doch jetzt mit allen Mitteln der Technik ausgebaut wird. Ich frage daher abends an, in welchem Zustand sich diese Stellungen dermalen befinden. -

In der Militärkonvention mit Bulgarien ist man vollständig einig; Falkenhayn scheint auch in dem Punkt wegen Erteilung der Direktiven nachgegeben zu haben. Unterzeichnet haben die Bulgaren aber noch nicht. Die Konvention soll von den beiden Chefs der Generalstäbe und einem bulgarischen Militärbevollmächtigten gefertigt werden; alle sollen Vollmachten ihres Ministeriums des Äußern haben. - Gantscheff wies auch das Konzept eines 15 jährigen politischen Vertrages mit Deutschland vor, der sich teilweise auch auf die Monarchie erstrecken soll.

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