Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
04.09.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
4.9.1914

Auftrag zur 3. Armee zu fahren. – Gestern mit General Boog vereinbart, dass die Bildung der starken Gruppenstaffel heute begonnen wird. Wegen der Gefahr der Tournierung vom nördlichen Flügel wurde gestern ein Befehl erteilt, der es verhindert, dass die Truppe in dieser notierten Gruppierung belassen wird. – Was wurde auf Grund dieses Befehles heute und morgen vom 3. A.K. befehlen. – General Boog mitteilen, dass VII. mit den Divisionen. Am 5. wird das VII. Korps mit 17. 20. Division im Raume Rudki sein, dort auch XII. M. Brig. – Diese Marsch Brigade kann dann sofort aufgelassen und eindoubliert werden. – B. persönlich orientieren, dass 4. Armee heute mit Tȇten Monastyr-Karów. Ist Szeptycki geritten. – Etappensituation. Gen.Boog 1 AKdo Gruppe 1 Gen.St. Gruppe sind nach Mon. abgefertigt. Am Bahnhof eventuell Befehl geben, damit eventuell nach Gródek weiterfahren können. 100 km Draht sind schon bei Gródek, weitere 100 rollen ab, sobald Waggon angehängt werden kann. – G.M. Boog. Die Truppen sind in der dem Oberkommando bekannten Kantonierung und genießen die ihnen vom Armeekommando als heilig versprochene Rast. Die Gruppierung ist derart, dass sofort der Vormarsch nach N und NO angetreten werden kann. Herr General lässt mit aufgehobenen Händen bitten, man möge Ruhe geben, sonst müsste er Ruhe schaffen. Die Truppen müssen zuerst 48 Stunden rasten. Verteidigung ist eingeleitet, Truppen arbeiten bereits. Armee wird wohl durch die auch für den Gegner weit sichtbare Verteidigung Maßnahmen treffen, um ihm glauben zu machen, dass er von hier eine Offensive nicht gewärtigen habe. Heute wird umgewandelt der Tragtiertrain in einen Fuhrwerktrain. (Besonders bei der 88. L.Sch.Brig. Fuhrwerke müssen zusammen getrieben werden) Dies braucht auch Zeit. – 97.Lst. beabsichtigt zum Schutz der nördlichen Etappenlinie (über Krakowice)

zu verwenden. – Gegner hat heute nicht angegriffen. Dürfte auch morgen nicht angreifen. Alles scheint nach Lemberg zu strömen. –

            Absicht:                     Verwendung der Kavallerie Division; an der Verpflegung                                       der 4. Armee teilzunehmen

            VII. Korps:                 Auch das übrige soll in den Raum der 34. Division                                                   kommen. Zur Ruhe und Vertrauen in Sicherung der                                                           Führung.

            IV. Korps:                  Zur Gruppierung, nicht wieder geschwind                                                                  hinmarschieren lassen.

            34. I.T.D.:                   10% Verlust, Material komplett, Truppen ermüdet,                                                      Geist gut, Verpflegung gut, reichlich, vom Land leben.

            105. Lst:Brig.:           keinen guten Eindruck, Zustand derzeit sehr minder (Gen.                                                 Stramlitsch) Leute können nicht marschieren. (In erste                                            Linie kamen seinerzeit nur erstklassige Truppen)                                                     Konservenkost, Verpflegung minder, kein Brot, keine                                           Feldbäckerei, für längeren Marsch ungeeignet, behinderte                                                Kraft. Brigade wieder zu retablieren. Hauptmann Graf                                              Seefried ist weggegangen. Zuerst Ordnung machen, dann                                                erst marschieren.

            Bischof Szeptycki dort geblieben, empfing die Russen in großem Ornat, wurde in Ruhe gelassen. – Russen haben sich anständig benommen.

            Truppe nach anbefohlener, dem A.O.K. bekannter Gruppierung zum Teil erst heute, müssen unbedingt, auch schon wegen der Entwirrung der Trains, 48 Stunden stille stehen.

Die gegenwärtigen Gruppenstaffel entsprechen den Intentionen des A.O.K. – Alle Tage fährt ein Generalstabsoffizier Truppen anschauen. Alle Tage kommt ein Bericht (Oberst Bubna nach Norden, Ruzičić nach Süden).

            Eisenbahnbetrieb bis Gródek und Rudki aufrechterhalten.

            23.L.I.T.D. Feldmarschalleutnant Daempf noch heute enthoben. Feldmarschalleutnant Lehel Festel mit Kommando betraut.

            23.L.I.T.D.      Daempf nach Przemyśl

                                   Lehel Festel sofort Divisions Kommado übernommen. +)

 

            Truppe hanno giunte gli spazi ordinati dal Comm(ando) dell’armata e conosciuti anche al nostro c(o)m(an)do: Secondo gl’informazioni ricevute del capo dello stato maggiore dell’armate é assolutamente necessario di dare un riposo di 48 ore, giá nel sviluppamento die treni. –

                        La situazione alla’ala di nord, mi pare cosi, ch’io andró d’apprima li per   esser sicuro della protezione conto i beschi grandi, ma é impossibile di                        ritornare prima della notte, se voglio apportare informazioni reali.         ++)      Situazione detagliata seguirá;

                        Per essere sicuro della protezione dell’ala

            di nord, minacciata die boschi, un’ufficiale dello +)

            stato maggiore vi andrá.

                        Un’ufficiale dello st(ato) m(aggiore) del c(o)m(an)do dell’armata vi andrá per assicurarsi della sicurezza dell’ala di nord, minacciata pei grandi boschi, per sostenere il morale della 23. Ivisione ungherese e per apportare l’ordine del cambiamento nel commando di questa div(isione).

            Noi stessi andismo vedere lo stato delle truppe del III e XII corpo.

 

            (Übersetzung der italienischen Eintragung:

                        Die Truppen haben die vom Armeekommando befohlenen und auch unserem Kommando bekannten Räume erreicht. Nach den vom Chef des Generalstabs der Armeen erhaltenen Informationen ist es absolut notwendig, eine Ruhepause von 48 Stunden zu geben, schon in der Entwicklung der Züge.

                        Die Lage am Nordflügel erscheint mir so, dass ich zuerst dort hingehen werde, um mich von dem Schutz gegen die großen Wälder zu vergewissern; es ist aber unmöglich, vor Anbruch der Nacht zurückzukehren, wenn ich wirkliche Informationen bringen will. Detaillierte Situation folgt. +)

                        Um sicher zu sein bezüglich des Schutzes des Nordflügels, der von den Wäldern bedroht ist, wird ein Generalstabsoffizier hingehen.

                        Ein Generalstabsoffizier des Armeekommandos wird hingehen, um sich von der Sicherheit des durch die großen Wälder bedrohten Nordflügels zu überzeugen, um die Moral der ungarischen 23. Division zu stützen um den Befehl zum Wechsel im Kommando dieser Division zu überbringen.

                        Wir selbst wollen uns den Zustand der Truppen des III. und XII. Korps ansehen.

 

            Generalstabschef III. Die 6. und 28. Division sind in tadelloser Verfassung, aber total ausgepumpt hinter die Wereszica gekommen. Die anfänglichen Verlustziffern haben sich reduziert. Viele Truppen sind in das XII. Korps hineingekommen. Marschbrigade aufgelöst, Stand relativ gut, mit Ausnahme von Offizieren, weil Offiziersverluste riesig groß. Etappensache stimmt gar nicht; was immer angesprochen wird, trifft nicht ein. Gestern wurden in Lubien wk. Verpflegsvorräte vorbereitet. Korps Magazin nach instradiert, ohne dass irgend jemand weiß, wo auswaggoniert; überhaupt erst 2 Staffel festgestellt. Grösstes Unglück: Eindoublieren der Marsch- und Landsturm Brigaden. Diese sind Rudimente die uns verseuchen. Marschbrigaden Gesindel. 88.L.I.Brig. bataillonsweise verzettelt, überhaupt nur 2 Bataillone gesehen.

            Mit den 3 Divisionen, speziell mit den beiden Heeresdivisionen kann man nach 3 tägiger Ruhe wieder alles machen; nach Überzeugung des Generalstabschefs die einzigen Divisionen der ganzen Armee, die überhaupt etwas leisten können. 16 tägige Operation, ohne einen Rasttag. Jedenfalls ist an Verschiebungen in den nächsten 3 Tagen nicht zu denken.

            22.L.I.T.D. ist vom Rückzug sehr mitgenommen worden.

Artillerie hat einzelne Geschütze verloren. (Per T.D. dürften 4-5 Geschütze fehlen) Gebirgsartillerie hat alle Straßen verstopft. –

            Fassungen stimmen gar nicht.

            Gestrige Nacht Marsch durch Gródek; Truppen aller Korps (VI, XII, 23.Div)

            Frühestens 7. früh losgehen.

            Karten, Res. Verpflegung folgen.

            (Armeeetappenkommando gibt den Rat, Schinken zu kaufen und Gänse zu schlachten.)

            Straßenkreuzung 277

            Vom Regiment 2 eine Feldwache

            westlich auf den Höhen Teile 2, 31, 82,

            östlich an der Teichlinie 1 Baon Vorposten westlich der Brücke.

            1 Patr. D9 (4.K.T.D.) sagt aus (östlich der Brücke nur Patrouille)

            I.R. 2. Verpflegsstand 2600 (statt 4500) Offiziere 56 (statt über 100); nur 1           Stabsoffizier.

            Ausrüstung Munition pro Gewehr 150 P.

                                                 pro M.G.      8000 P.

                                                 Ü. Patronen 0

            2 M.G.A. fehlen (Schutzschilder u.s.w. fehlen)

               Telephon-Ausrüstung, viele Spaten, Patronen Tornister fehlen. 70% Packtornister fehlen; 25-30% Mäntel und Zeltblätter.

            6 Fahrküchen fehlen (bei der anderen Brigade sind alle zerschossen worden). Nachschub gut, aber noch keine Reserve Verpflegung (nur pro 2 Mann eine Konserve). Regiment fest in der Hand. Obstlt. Simacek in Brassó aufziehen.

3 Stabsoffiziere gehen ab, hievon einer im Spital krank, zwei vermisst. Geist bei der Mannschaft.

            XII Gestern Nachhutkämpfe der 22. Division mit der Artillerie des feindlichen Kavalleriekorps (zwischen 12 und 1 Uhr begonnen, und 1 Stunde gedauert).

            4.K.T.D. hatte mit Nachtmarsch nach Jezow str. zu rücken.

            Vom 3. Armeekommando kommen täglich 2-3 Dispositionen, die sich widersprechen.

            XII. Korps Kövess: Vorläufig ist das Korps zur Defensive fähig, wenn es Artillerie bekommt.

            XII. Korps erhielt circa 1 Uhr die Disposition vom 3. September Op. Nr. 385. Nach dieser Disposition wäre nur die Armeegruppe Kövess zurückgeblieben.

            1 Uhr nachm. : Telefon Depesche: Auf begründeten Antrag des III. Korps wird die Sicherung den Korps übertragen.

            XII. hat sich soweit gesammelt, dass es jetzt an der Wereszica Linie, wenn die Artillerie vermehrt werden kann, einigen Widerstand leisten kann. – (Das XII. Korps hatte den wiederholten Befehl, auf dem Platz zu verbluten; Kommandant hatte die Truppe mit allen Mitteln bewogen, auf dem Platz auszuharren, III. ist nicht gekommen, es war eine völlige Täuschung; ebenso unwahr war die Nachricht, dass das 3. Korps das XII. entlasten würde, dann die Nachricht vom rüstigen Fortschreiten der Offensive). – Offensive zur Entlastung der Armee Auffenberg ja, wenn diese in erfolgreichem Vorgehen ist, und das Korps bestimmt darüber orientiert ist (nicht wie an der Gnila Lipa, wo die Truppe das Vertrauen verlor!!).

Ausrüstung

                        Viele Mäntel, Patronen Tornister, Telefon Ausrüstung

              Mannschaft und Offizierskorps wurde durch den Vertrauensbruch erschüttert.

                          Große Vorräte mitten im Rayon des Korps wurden mit Patroleum überschüttet. (Befehl soll vom AEK ergangen sein). Jetzt fasst ganzes Korps Munition und Verpflegung in Rudki. Gar keine Reserve Verpflegung!

                          Divisionär 35. Division Njegovan hat sich Arm gebrochen, Ersatz notwendig. G.M. Bauriedl vermisst (vermutlich beim Vorführen der Reserve gefallen). Fmlt. Paukert moralisch niedergebrochen. –

                          Akdo: Reine Abwehr auf der Höhenlinie zwischen Jaworów und den Gródeker Teichen. – Alle Detachements haben gemeldet, sie können nicht mehr marschieren, ebenso XI.K.K. 10.KTD vollständig erschöpft. – 3. Kps. á cheval Straße Gródek. – Szeptycki betont die private Ansicht, dass Gegner stärker vorgehen und einschwenken wird. – Am linken Flügel die 3. Kavallerie Division (10 nichts wert), 4. Starker Marsch. –

                          Komme mit Kless nach 9 Uhr abends in Przemyśl an, referiere eingehend Metzger, der kein besonderes Verständnis für das Ruhebedürfnis der Truppe hat und besonders sehr befürchtet, dass der Feind den Truppen die Ruhe nicht gönnen wird. Darin mag er wohl sehr recht haben. – Von Kövess habe ich noch auszurichten, dass man an der Führung ganz irre geworden sei, dass Paukert vollkommen niedergebrochen sei, Kövess selbst aber durch die Ereignisse bei seinem Korps zwar schmerzlich berührt jedoch keineswegs kleinmütig sei. – Eimannsberger, den ich wieder sah, erzählte mir, Korpskommandant sei unfähig, Zeidler dagegen großartig. Mag sein, wieso aber hatte er sich nach dem kritischen Tag so schnell in Lemberg eingefunden? Schrecklichen Eindruck machten während der ganzen Fahrt die flüchtenden Juden; ich meinte immer wieder den Ahasver zu sehen, aber nicht den trotzigen, ungebeugten, sondern „des verfemten Volkes das sein müde sang“. Geradezu unglaublich sind die auftauchenden Schreckensgerüchte. So behauptete man vormittags bei unserem Eintreffen beim Armeekommando, Gródek brenne; keine Spur davon. – Abends treffen wir den Rittmeister, der die Brücke über die Teichlinie sprengen ließ; über diese Geschichte herrscht große Aufregung. – Sogar das Wort Feigheit hat man gleich bei der Hand! Und Buzek ärgert sich, weil ich ihm nicht sagen kann, wie und von wem die 11.K.T.D. angegriffen worden war; daran sei nur unsere Duldsamkeit, die für alles Entschuldigungen sucht, schuld. Oh, wie wenig kennen diese Leute den Krieg!

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