Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
27.10.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
27.10.1914

8hvorm. XVII wies am nördlichen Flügel einzelne Versuche des Gegner, auf westliches Ufer überzugehen, ab; sonst meist Ruhe.

            1. Armee: 8 Uhr vorm. Angriff der Russen verdrängt 9 Uhr vorm. 5. Division aus Policzna. Bis 1h vm. gelang es der Division aus eigener Kraft, die alten Stellungen zu erobern. Sonst Lage unverändert. Eindruck, dass Kraft der Russen lange nicht mehr so hoch zu bewerten, wie zu Beginn des Feldzuges. Stellung wird jedenfalls gehalten werden. – 1030 Situation des V. (östliches Flügelkorps) bereits sehr schwierig. I hält sich. Unseren 7 jetzt 12-13 Divisionen gegenüber. Bei Piotrawin südöstlich Solec soll russischer Brückenschlag gelungen sein. Deutsche kamen 27.GRK. auf Jedlinsk zurück; mit Rücksicht darauf und auf allgemeine Situation Absicht, 27.10. früh an Ilzanka und in Gegend knapp nordöstlich Radom zurückgehen. – Ca. 7h nm.: Nachricht, dass das westliche Flügelkops der 1. Armee geworfen wurde und dass niemand das 9.Armeekommando verständigte. Dort angeblich jetzt Wut, Fleischmann soll halb zerrissen werden. Das sind die Ergebnisse unseres Misstrauens und der Weigerung, einen einheitlichen Oberbefehl zuzulassen. Abends spreche ich mit Freytag-Loringhoven, der die Lage nicht für kritisch ansieht, sondern glaubt, dass „das zusammengekratzte Zeug“ der Russen zu keiner großen Offensive fähig sei.

            940 nm. Befehl für das Zurückgehen in die Linie Ilza-Ostalow; am 27.10. nicht über Cipielów-Radom. X hat den bei Piotrawin übergegangenen Gegner zurückzuwerfen, entbehrliche Kräfte nach Baltow in Marsch zu setzen. Weiters wird zur Entschuldigung angeführt: I wurde der Rückzug durch die Ereignisse aufgezwungen, GRK. über Radon sofort 330 verständigt. 535 nm. war an I Befehl ergangen: GR steht 6-8km nördlich Glowaczow und bei Grabów im Kampf. I hat alles aufzubieten, um dem GK gesichertes Erreichen des Raumes Jedlinsk zu ermöglichen.

            1030 nm.: Mittags trat V, weil 33 eingedrückt Rückzug in Linei Sekierka-Zwolen-Helenów an. 1h wies 43. (linker Flügel I) einen schweren Angriff glänzend ab. – 230 drangen 4-5 russische IR westlich Augustow ein, 43 mußte zurück, I. gab Rückzugsbefehl 330. In welcher Verfassung Truppen die für morgen anbefohlenen Räume erreichen, ist noch unbekannt, weil Rückzug zum Teil erzwungen; Verhältnisse besonders wegen Wald-Terrain, sehr schwierig. – V. (rechtes) nimmt an, dass 33. und 14. ohne wesentliche Begebenheit zurückkommen, 37. aber wie in der rechten Flanke konstatiert wird dort angreifen müssen. Über Zurückkommen I herrscht Unklarheit. Sehr große Gefechtsverluste, dürften sich bei Rückzug noch steigern. Haltung der Truppe in den 4 tägigen Kämpfen war über alles Lob erhaben. 7 Divisionen standen 13 zuverlässig konstatierten russischen mit sehr viel, besonders schwerer, aus Iwangorod herangebrachter Artillerie gegenüber. Auch Führung durch Korpskommandanten einwandfrei. Zum Rückzug gezwungen hat nur die enorme Übermacht des Feindes. – Nach eben eingetroffener Meldung folgt Feind dem V. nicht.

            Pflanzer. 55. vor überlegenen Kräften auf Höhe nördlich Skole zurückgezogen. – Linde behauptet Zugänge in Mejun- und Swica-Tal. – Durski wirft Feind bei Pasieczna und Solotwina erreicht. Attems dürfte Nadwórna eingetroffen sein. – 52. Jablonica-Körösmezö. 54. Sergie. (52 mit Teil Krzyworownia-Koszow). Oberst Fischer mit 6000 Mann in Czernowitz. Eines seiner Bataillone hat Gegner bei Station Zalusce südlich Sniatyn geworfen, dort Eisenbahn Station und Bahndamm zwischen Sagora und Nowosielica zerstört. – Feind: In Nowosielica nö. Mijun starkes Detachement aller Waffen; vor Linde stehend nur Kos.; größere feindliche Kräfte von Stanislau im Anmarsch auf Kalusz-Dolina.

            9. Armee: 11.30 vm.: Im Einvernehmen mit 1. AK muss im Einklang mit Zurückbiegen des linken Flügels der 1. Armee der rechte Flügel der 9. Armee (G Res und XX) 27.10. zunächst in Linie Jedlinsk-Nowe Miaste zurückgenommen werden. Eben eintreffende Nachricht lässt überdies Lage des deutschen linken Flügels bei Lipcze-Michowice (südwestlich Skiemewice) als äußert bedroht erscheinen. Komb.Kav.K. mit Landwehr verzögert Vorrückung des Gegners etwa in Linie Bratozewiec (30km sw. Lowicz) – Piatek (40km westlich L.) und nördlich davon. Näheres noch nicht bekannt. –

            27.10. Pflanzer: Fischer (6-0-1/3) hat Befehl Czernowitz zu behaupten. 54. Sergic wird 27.10. Uscie-Putilla erreichen. 52. wird Wisnitz mit Tete erreichen; Absicht mit dieser Division den auf Cz. vorgehenden Arjutinow über Sniatyn im Rücken zu fassen. 52 ? Jablonica-Körösmezö, gelangt 27.10. Jamna Tustarow. –

            Skole: 55. behauptet noch befohlene Ausgänge nördlich Skole. – 131. Brig. mit Teil Mejun St. – Zakla, hält Raum bei Kamionka; seit 4 Tagen greift Feind täglich an. – Bei Stryj relativ beste Truppe bedeutend gelitten. Mehrzahl der Stabsoffiziere, 1300 Mann gefallen und verwundet, Verband stark gelockert. Stand der Bataillone 150-200 Mann; Verpflegungsschwierigkeit, fast keinen Gefechtswert mehr, Behauptung des befohlenen Ausgangs wird nicht mehr lange möglich sein, auch weil Flanke entblößt. –

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            Nach Meldung 28.10. 440 v.: 55. hielt auch 27.10. trotz verstärktem Angriff des Feindes den befohlenen Ausgang; Truppe nur geringe Widerstandskraft. Trotzdem wird 28.10. versucht, Situation durch Gegenangriff des rechten Flügels zu bessern.

            2. Armee: 10h15m IV mit rechtem Flügel Raum gewonnen; in Lücke zwischen IV und XII aber feindliche Schützenbrigade gegen das Mzaniec Tal vorgedrungen. Zu deren Abwehr 3 Marschbataillone (Wejmelka) nach Mzaniec heran dirigiert. Auch Höhe westlich Luzek Grn. ist verloren; Südflügel XII auf Höhe nordwestlich Terszow wird ununterbrochen angegriffen. Nach Bilicz befohlene Gruppe Krautwald hat nur 500 Feuergewehre.

            12 Uhr m.: Südhang Höhe Jankow und Kobyla heftiger Kampf. Von 4. KTD keine Nachricht. Bei Babina schwere Kämpfe. IV. in Vorrückung gegen Norden beiderseits Rozlucz. – 55. ITD am Ende ihrer Widerstandskräfte. – Dadurch frei werdende feindliche Kräfte werden voraussichtlich gegen Flanke Tersztyánzsky eingesetzt. Zur Mitwirkung an Abwehr weiterer feindlicher Einbrüche über Strzylki kann IV daher kaum mehr in Betracht kommen. Ebensowenig ist XII in der Lage, Kräfte frei zu machen. Aber auch wenn die Abwehr in allernächster Zeit gelingt, besteht größte Wahrscheinlichkeit, daß Gegner mit Erreichen von Gegend Ustrzyki durch Störung der Verbindung große moralische und materielle Wirkung auf alle östlich davon kämpfenden Kräfte erzielen würde. Bitte, da von Konsequenzen nicht nur eigene Armee, sondern auch Festung Przemysl betroffen wären, den daraus resultierenden Eventualitäten näherzutreten und den Armeekommandos Direktiven zukommen zu lassen. (präs. 1.10). – Weiters: Kampfwert der Kavallerie Divisionen auf ein Minimum gefallen; können sich nur im Schritt bewegen. Es kann also in diesem Terrain auf erfolgreiche Arbeit kaum gerechnet werden.

            230 AOK. erwartet durch Einhaltung geleitet, umfassendes Angreifen aller Gruppen das verläßliche Zurückwerfen des feindlichen Einbruches über Strzylki.

            1030 Situation 8 Uhr nm.: IV hat mit rechten Flügel Raum gewonnen, will morgen, mit diesem Flügel Direktion Terszów, angreifen. Südlicher Flügel XII auf Höhe nw. Terszów heftig angegriffen; dazu eingeschobene Abteilungen behaupten sich (Linie Babina, Lawrow).

            3. Armee: 8.50 vm. Angriff konnte infolge allseitig heftigem Widerstand des Gegner keinen durchschlagenden Erfolg bringen. Auf einigen Teilen der Gefechtsfront partielle Erfolge. Armee Kommandant hat als leitenden Gedanken die Fortsetzung der bisherigen Offensive in den bisherigen Direktionen aufrecht erhalten; die Angriffe werden, wo dies möglich ist, fortgesetzt. 6.30 Disposition für 28.: Die bescheidenen Resultate des letzten Nachtangriffes zwingen zu einem Verfahren, bei welchem die mit einem Minimum an Kräften zu dotierende Front eine ausgiebige Stütze an Fortifikationen und Notunterkünften in der Gefechtslinie finden müssen. U.s.w. u.s.w. Kurz: Eingraben auch in den rückwärtigen Linien.

            4. Armee: 3h nm.: IX. in ständigem Kampf mit Feind am San. Sonst unverändert. Eine feindliche Division angeblich noch von Bilgoraj im Anmarsch.

            10h nm. Bei IX: 4 feindliche Regimenter gegenüber Hauptkräften des Korps. 6 Komp./36 (10. ITD) und auch Abteilungen LIR 30 (26 L) haben sich ohne hartnäckigen Kampf ergeben. – Ein feindlicher Angriff auf Nisko abgewiesen.

            1. Armee: Gestern 8 Uhr abends wurde Armee Kommando noch angewiesen, alles aufzubieten, um die durch den Rückzug des I. Korps schwierig gewordene Lage des Gardekorps zu erleichtern. 8.45 vm. V hat, ohne vom Gegner angegriffen zu werden, 3 Uhr vm. Rückmarsch angetreten. Augenblicklich keine Verbindung mit den Divisionen. Der östliche Flügel dürfte mit dem gestern nach Nw. Tysmienica vorgedrungenen feindlichen Detachement im Kampf sein. I hat in Line Linow-Chalinow (5.) Czama-Jedlina (46), nächst Zadobrze (12) genächtigt. 43. steht mit Gros bei Jastrzebic, mit Vortruppe an der Leniwa, hat dort zur Deckung des G. bis 9 Uhr vm. zu halten. Bei G Res Kps hat sich Loslösung glatt vollzogen; 11 Uhr nm. Glow aczew – Cecylowka, tritt 4 Uhr vm. Rückmarsch an. 5 G Brig hält als Flankenschutz Linie Stawla-Bobrowniki, geht dann über Bartoledzic auf Jedlinsk zurück. G. Res K. erreicht heute Linie Jedlinsk-Czarnawola-H H Kielbow. – Im Hinblick auf glatten Verlauf des Rückmarsches hat I Ermächtigung erhalten, 43. früher zurückzuziehen, um Kampf zu vermeiden. Det/XX stellte gestern fest, daß Feind bei Grabow sehr starke, auch schwere Artillerie, und Stellung bis zur Pilica erreicht; hat bei Augustów genächtigt, geht im Anschluss an G. zurück. Gros/41 hat bei Bialobrzezi gekämpft, wird heute weiter Linie Siedlicki-Sucha-Korzen zurückgehen.

            Raabl fügt privat bei, dass Waldstätten die gestrige Krisenmeldung absichtlich so schwarz gehalten hat, die Lage sich aber tatsächlich viel besser gestalten dürfte.

            1255 n. Bei Piotramin drängte circa 1 feindliche Brigade Sicherungstruppe bis an Höhenrand zurück. Diese konnte trotz Einsatz von Teilen der 2. ITD Feind nicht werfen. Alle Truppen des Weichselabschnittes unterstehen nun dem X. KK, das Feind zurückzuwerfen hat.

            1110 v. Armee geht heute in Linie Hzanka-Radom zurück und zieht X. längs Weichsel an eigenen rechten Flügel heran.

            630 Richtschnur für weiteres Verhalten: Nicht von Weichsel abdrängen lassen und mit möglichst intakten Kräften Höhenlinie Kielce-Gora-Opatów-Sanmündung erreichen. Dort hartnäckigen Widerstand.

            Eigene Truppe hat sich gut vom Gegner Ost gelöst. Aber schwere Verluste. Ein paar Tage und sie dürften wieder volle Widerstandskraft haben. (Waldstätten).

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