Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
15.10.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
15.10.1914

2.Armee: Befiehlt der Gruppe Kövess rechter Flügel bereitet heute (15.) Angriff nur vor, wird ihn erst morgen durchführen. Gruppe nördlich der Bložewka daher Angriff jedenfalls erst am 16. im Einklang mit rechtem Flügel 3. Armee; am 15. nur dann offensiv werden, wenn es zur Unterstützung der südlich des Strwiaż kämpfenden Teile notwendig werden sollte. IV. zu energischer Fortsetzung des Angriffes angewiesen und darauf aufmerksam gemacht, dass der Feind in Sambor Schwierigkeiten mit dem Einwaggonieren der schweren Artillerie hat.

            Fleischmann berichtet über die Deutschen: Vor Warschau steht es gut. 8 russische Gefangene gemacht, kein neuer Angriff. Bei Rizywol sw. Garwolin schwache russische Kräfte übersetzt. Neuerlicher Übergangsversuch auch bei Kazimierz. Situation einstweilen überall haltbar. Kav.Kps. Radom durchgeritten, nächtigt bei und nördlich R., soll 15. nach Warka gelangen, dort mit 1 Brigade Raum bei Kozienice beobachten, mit Gros später Gruppe Warschau verstärken. – Deutsche Kräfte haben durch das Hin- und Herwerfen zu den verschiedenen Übergangsstellen große Leistungen hinter sich. –

            Vormittag meldet die 2. Armee weiters: Überall Nachtangriff der Russen. An der Bložewka wurde unsere Front etwas zurückgedrängt. Jetzt geht ein mächtiger Angriff der Russen gegen die Mitte der 20. Division los. Die Russen wollen offenbar die Höhe Radycz und mit dieser das Defilée von Dobromil gewinnen. – 3. Armee wird von dieser Sachlage ohne Zusatz verständigt. –

            Das Telegramm der 2. Armee von heute vormittag sagt, dass das XII. AK die Situation als sehr kritisch bezeichnete, weil es nur mehr ein Regiment Korpsreserve hat. Hierauf wurde an allen Korps befohlen, ihre immer mehr zu verstärkenden Stellungen unbedingt zu halten, da ein Zurückgehen in das Defilée des Strwiaż die Verteilung der Armee zur Folge hätte. (!)

            Auch bei der 4. Armee ist die Lage ernst. XIV steht bei Rzuchow in „schwerstem Kampf“; 15. ITD wurde nach Dembno gezogen, um von dort unterstützend anzugreifen. 39. sichert Raum Rudnik-Lezajaki (über 20km p.d!) Das Armeekommando bittet zumindest um energische Demonstration des X. Korps! – Da vom AOK keine Verbindung mit 1. Armee, muss diese Aufforderung 4. Armee selbst übernehmen. –

            Für die Beurteilung der Verhältnisse bei der 2. Armee ist ein Gespräch des Obersten Metzger mit Bardolff um 11 Uhr vormittags von größter Wichtigkeit. Unser Oberst teilt mit, dass der Chef besonderen Wert auf das Vorgehen Tersztyánskys auf Stary Sambor und Sambor, sowie auf die Kavallerie Unternehmung gegen letzteren Ort lege. Wunsch ist, beim allgemeinen Angriff das Frontanrennen gegen die Zernierungslinie – auch seitens des II. Korps zu vermeiden. Bardolff sagt: Der 2. Armee stehen zweifellos starke Kräfte gegenüber auf eine besonders intensive Angriffsartillerie ist nicht zu rechnen. Soeben neuerliche Meldung des XII., dass Situation 20. Division kritisch und feindlicher Angriff in Richtung Dobromil-Chyrów möglicherweise durchdringt. Trotz Unterstützung durch alle verfügbaren Kräfte XII. Korps schlägt Armee Kommando vor, dass III. morgen in südöstlicher, statt in östlicher Richtung angreifen soll. Wegen dieser Frage wird Entscheidung des Chefs eingeholt.

            Nach den bis Mittag eingetroffenen Meldungen ist die Situation auch bei unserer 4. und bei der deutschen 9. Armee schwierig. Das XVII. Korps wird anscheinend sehr bedrängt; die Überschiffung bei Dembno kommt nicht recht weiter. Gegen die Deutschen gehen die Russen auch von Warschau aus mit starkem Westflügel vor; weiters sind sehr starke Kräfte aus Iwangorod und nordwestlich davon im Übergang. Was zur Hand ist, wird dorthin dirigiert, sodass heute zu den in diesem Raum kämpfenden 3 Divisionen etwa weitere 3 treten können.

            Disposition der 3. Armee für morgen (den 16.) im Auszug: Angriff gegen Osten wird aufgeschoben.

            44., 88. Lsch. und Artillerie aus Przemyśl hält die erreichten Räume und gräbt sich ein. 23. LITD als Reserve für diese Gruppe 7 Uhr Zablotce.

            III., 4 Uhr vorm. aufbrechend, in allgemeiner Direktion Komarowice, Nowe Miasto, Blozow grn. zum Flankenangriff vorgehen und sich wegen wünschenswerter Richtung und Zeitpunkt dieses Angriffes mit Gen.d.I.Kövess in Chyrów und dem Kommandant des VII. Korps in Dobromil ins Einvernehmen setzen.

            IX. bleibt morgen stehen und ist angewisen, XVII. soweit nötig zu unterstützen.

            Situationsmeldung der 4. Armee.

            XVII beabsichtig am 15. abends San zu forcieren.

            13. und 4. hält am San.

            25. ITD unterstützt von Dembno aus den Übergang der 8. ITD.

            8. befindet sich mit 4 Baonen bei Rzuchow, schwerer Kampf, hofft auf Erfolg.

            8. und 3. im Feuerkampf. Usw. usw.

            Alle diese Situationsmeldungen der Armeen sind viel zu detailliert. Das AOK brauchte bloß zu wissen, in welcher Linie die Armee im Kampf steht, dass sie am östlichen Flussufer Fuß zu fassen beginne und wo die Reserven sind; dann ein übersichtliches Bild vom Feind, nicht einzelne Details! Jetzt wird sich Melderei aber noch vermehren, weil bei allen Armeekommandos ständige Berichterstatter sind; sage 4 Herren der Operationsabteilung, die somit eigentlich hier überflüssig sein müssen! –

            Heute bekam ich Einblick in einen interessanten Bericht unseres Botschafters (Hohenlohe) in Berlin, der an Berchtold berichtet, die Deutschen hätten anfangs eine schwere Niederlage erlitten; die Armee Kleist sei bei ihrem Rückzug vor eine andere Armee gelangt. –

            Es wird einmal interessant für den Kriegshistoriker sein, welche Entscheidung auf die Anfrage über die Angriffsrichtung des III. Korps ergangen ist: Man befahl der 3. Armee einen Berichterstatter zur 2. Armee zu dirigieren, der in dem Falle, dass es dort schief geht, auf eine Angriffsrichtung des III. Korps hinzuwirken hätte, die die 2. Armee degagieren kann. – Daher die Angriffsdirektion Südost. –

            Abends noch eine sehr interessante Meldung Potioreks: Über Ersuchen des deutschen Großherzog Hubertus erkundigt sich Stürgkh um die ordre de bataille der P. unterstehenden Streitkräfte!! –

            Karpaten: Linker Flügel Linie Skole-Wyszkow-Rafailowa im eigenen Besitz, bei letzterem Ort Gefecht mit Korps, das gegen Zielona zurückging. Bei Rahowich Gegner vor unseren Truppen ohne Kampf zurück. Bei Starozynetz überschritten schwache feindliche Abteilungen den Sereth, um zu plündern. In Bukowina haben eigene Abteilungen Seletin-Ob.Wikow-Radautz erreicht. – 55. ITD abends Höhen nördlich Defilée Ausgang Synowusko in die Hand genommen; 131. Brigade im Kampf mit Gegner in befestigter Stellung bei Wyszkow.

            1. Armee meldet noch 11 Uhr nachts, dass die Verschiebungen infolge der hoffnungslosen Wege sehr schwierig sind; bei einem Korps fehlen bereits 3200 Zug- und 500 Reitpferde; die Pferde der Divisionskavallerie mussten eingespannt, mehrere Munitionskolonnen liegen gelassen werden.

            Gefangene                                                              nach anderer Meldung

            2. Armee                   XII = 2000                                         300

                                               VII =   300                                         162

                                               IV  = 1000

                        VII und XII: Kampf dauert ganze Nacht, seit Tagesanbruch mit besonderer Intensität. 20. behauptet ihre Stellung, trotzdem Gegner stellenweise auf Sturm-Distanz. – III: 12. Brigade mit Angriff vom 15.10. keinen wesentlichen Erfolg erzielt, greift 6 Uhr vorm. von neuem an. Gleichzeitig mit ihr Rest der 6. Divisoin gleichfalls bei Wolcza dl., dann auch noch 22. LITD, genaue Direktion noch nicht bekannt. 28. wird 10 Uhr vorm. bei Nowé Miaste eintreffen, vorerst Reserve. –

            Tersztyansky: 31.: Angriff nicht durchgedrungen, da von Koblanska flankiert. 38. nach Kampf mit Gegner aller Waffen Podbuz erreicht. 8. KTD Opoko, 5. KTD nm. von Kropiwnik auf Boryslaw vorgerückt. Absicht T., 16.10.: 31. setzt Angriff fort. 38. hat Auftrag, gegen 15.10. von Drohobycz nach Popiele vorgerückte starke feindliche Kolonne bei Zolokice festzuhalten.

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