Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
04.11.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
4.11.1914

4. Armee 8hvm. Gegner drängt nirgends nach. Die bei Rudnik im Kampf gestandenen feindlichen Kräfte verschanzen sich. Patrouillen des Gegners folgten bis in die Linie Jesowo-Sibigi dem Rückmarsch des VI. – Bei Jaroslau-Ležajsk nichts Neues. Nächste Meldung abends von Debica zu erwarten.

            Mein Geschäft macht es leider unvermeidlich, dass ich hinter allen Meldungen und Befehlen her sein muss und deshalb wiederholt, heute von mehreren Seiten, angeschnauzt werde. Vorerst versuche ich es gegen diese Dummheit mit ruhiger Verachtung.

            2. Armee. 1040: Lage morgens: XII Nacht ruhig verlaufen. Loslösen der östlich des Dnjester gestandenen Teile erfolgte ohne feindliche Einwirkung. Gruppe Krautwald, die heute nachts mit Belassung von Nachhut auf Osikowiec auf Holownia zurückgegangen, noch keine diesbezügliche Meldung.

            IV. 38. heute nachts in Linie Luzek grn – Hiedzielnica zurückgegangen, mit Belassung von Nachhut auf Wydilok. –

            1145 Armee wird zeitgerecht Gefecht abbrechen und langsam in Linie Lysa ga – Jankow – Holownia – Niedzielnica Korcki, Molowienka Höhen beiderseits Svidnik zurückgehen. Rückzug beginnt vom linken Flügel. (Dies scheint mir sehr gut; vor allem hat man den Eindruck, dass die Armee nicht davonlaufen will, sondern sehr langsam und schrittweise zurückgeführt werden wird.)

            4. Armee. 1035 vm. In den Frühstunden Gefechte und feindliche Angriffe bei XVII. Kleineren feindlichen Abteilungen gelang es, in vorderste eigene Linie einzudringen, wo sie sich ergaben. – XVII. Korps befiehlt allgemeinen Angriff. Eindruck: Gegner bestürzt 4 Offiziere 300 Mann gefangen. Bei Nisko formierte Feind nach Aussage von Gefangenen aus Resten von 6 Regimentern neue Abteilungen. –

            Nachmittag langer Spaziergang, um meinen Ärger loszuwerden. Bei der Heimkunft traf ich Masic, der 2 amerikanische Offiziere begleitet. Diese fanden alles großartig, waren ganz begeistert von unserer Armee. – Der Rückzugsbefehl aber hat furchtbar gewirkt; die Offiziere wollten ihn nicht glauben und weinten… oder schlugen vor Zorn auf den Tisch. – Auch mehrere Herren vom Kriegsministerium sind da, um organisatorische Fragen zu beraten – oder sich die Kriegsmedaillen zu holen. Kriegsminister kommt abends und wird vom Chef empfangen. –

            4. Armee. (Debica) 2hnm. Gegner folgt nirgends mit stärkeren Kräften, hat aber anscheinend unteren San übersetzt. XVII greift mittags den Feind am westlichen Sanufer, der anscheinend nur geringe Widerstandskraft hat, an.

            9. Armee. Feindabwärtigste Teile gelangten bis an Straße Zarki – Czestochowa – Wielun, XI schon an die Bahn nach Blaski. – Kavalleriekorps Nowikow von österreichischem sechser Kavallerie-Korps bei Warta über Fluss geworfen.

            Skole (eingetroffen in der Nacht): Gestern begonnener beiderseits umfassender Angriff, der speziell am rechten Flügel zu harten Kämpfen führte und ein kombinierter Nachtangriff verdrängte Gegner aus Synowucko-Wyzne-Miedzihody-Tysenawica und zwang ihn zum Rückzug gegen Stryj. Auf Höhen östlich Stynawanyzna bezog Feind Nachhutstellung. Es wurden gegen 500 Gefangene gemacht, darunter 6 Offiziere, eine Maschinengewehr-Abteilung und sonstiges Kriegsmaterial erbeutet. Verluste des Gegners bedeutend. (Verlässlich konstatierte 78 ITD mit Befehl Skole um jeden Preis zu nehmen). Gruppe hat Höhen nördlich Stryj Fluss-Hrabnik und Höhen westlich von Cisow in Besitz.

            1. Armee 915 nm. Armee erreichte ohne feindliche Einwirkung ihren Nächtigungsraum. 106 sichert im Anschluß an XIV von Razniaty bis Bren Mündung. X steht mit 45. um Pacanow, 24 in Olesnica-Chszanow, 2. Stopnica-Pieczonogi Solec. V: 14 Jaszrebice Bugaj, 33 anschließend bis Mlyny, 37 östlich Wielica, Busk. I: 5 bis Stawiany, 46 bis MH Roclawice, 12. bis Gerni Mokrsko, 43, Pinczow. Von 4. bisher eingetroffen: Wodzislaw 2 Bataillone, 2 Batterien; WK Ksiaz 1-0-1; von 44 noch nichts. – GRes: 3. beiderseits Mnichow an Chaussee, mit einer Brigade bei Wenjleszyn; mit 1. bei Tsziniec, Pawlowice. Mit Kavalleriekorps keine Verbindung, wird bei Konieczko vermutet. – Feind folgte anscheinend nur mit schwachen Abteilungen aller Waffen. – 37. wird nach Neuformierung einschließlich der jetzt einlangenden Marschbataillone 9 Bataillone formieren. – Gros V und X bleibt morgen noch östlich der Nida in Linie Ludwinow-Dobrowoda-Winiary.

            4. Armee 11 Uhr nm. 5.11. gelangt Korps in Linie Wisloka-Mündung-Lipnica-Nienadowka; XVII in raum höhen Rogozna-Lancut. Für 6.11. beabsichtigt: XIV Srczucin, Lysakowck-Wampieszow, sichert gegen Weichsel im Raum Wislok Mündung bis Anschluß an 106., hält Wislok Übergang abwärts und exklusive Mielec-Rzochow; II Niwiska-Przedborz-Bratkowice; XVII Krasne-Rzeszow. – 7.11. wird XIV je nach Verhältnisse über die Weichsel oder über die Wislok verwendet oder weiter gegen den Dunajec verschoben. – VI: Rdomysl-Zgorsko. Dulcza sal. II. Pszeclaw-Pustkow-Bszoznica-Wola Bciecka; XVII Olchowa-Sedziszow. – Von Mielec aufwärts wird Widerstandslinie durch die südlich anschließenden Korps geschafft werden.

            XVII meldet soeben: 13. und 41. L. haben Gegner überall aus seinen Stellungen geworfen; Feind geht bei Ostrowo über den San zurück. Zahl der Gefangenen und MG. noch nicht festgestellt. Bisher 1000 Mann. – 41 drang bis in feindliche Artillerie vor, brachte Geschütze zum Schweigen, konnte sie aber wegen Abbrechen des Gefechts nicht bergen. Hiedurch Loslösen des Korps vom Gegner wesentlich erleichtert.

            2. Armee ist nur ganz wenig zurückgegangen, hat Nachhuten in den alten Stellungen, mehrere feindliche Angriffe abgewiesen; Feind beginnt sich aber bereits zu rühren. Auch für die weiteren Tage, zunächst bis zum 7. nur ein sehr langsames, schrittweises Zurückgehen beabsichtigt. – Das ist gut. Die Unterführer können doch mehr als diese oberste Heeresleitung!

            3. Armee. Loslösen von der Kampffront in der Nacht auf den 5.11. Nachhuten halten bisherige Kampfstellung tunlichst bis 5.11. 4 Uhr vm.

            Przemyśl: 23. LITD (nur mit 2 Bt. des K. u. FKR 2) 85. LIBrig. der 30. ITD; Lst. Baone.

            Pflanzer hat östlich des Uzsoker Pass ein Vorbrechen des Gegners über die Karpaten zu verhindern, möglichst viele Kräfte nördlich der Karpaten zu binden und im Kleinkrieg gegen die Verbindungen südlich des Dnjester zu wirken. – Meldung: Czernowitz Ruhe. 54 Jablonów (setzt vormittag Marsch auf Luczki, mit Detachement Sárkány auf Kolomea fort). 55. hat Befehl, Angriff über Defilée Ausgang Synowucko-Bolechów nicht fortzusetzen. – Poln.Leg. 1 Bataillon Pod Bukowica, 1 ziclona, 1 Rafailowa, Rest Kiralymezö. – Major Linde Ludwikowka (Verstärkung trifft 5. ein).

            Befehl an die Armeen 4.11. 3 Uhr nm.

            1. Armee hält Linie Mierzawa-Nida Mündung.

            4. Armee am Marsch staffeln, damit sie entweder über San folgende Kräfte von Süden umfassend angreifen, oder unter Deckung gegen diesen Feind über Weichsel in Kampf 1. Armee eingreifen könne.

            3. Armee in Bewegung so gruppiert, dass sie gegen Norden einschwenken und einen etwa gegen Jaroslau vorgehenden Feind anfallen kann.

            2. Armee hält sich im Staffel vorwärts, also südöstlich der 3.; sollten sich aus dem Raum Sambor stärkere feindliche Kräfte über die Karpaten wenden, so ist sie bereit, Feind südlich des Karpatenkammes anzugreifen.

            Pflanzer deckt Übergang bis einschließlich Vereckepass. – (Jetzt also wird man mutig; wieder eine gänzliche Verkennung der Psychologie des Krieges! Glaubt man denn, dass der Rückzug ohne Wirkung auf die Führer der Truppe bleibt; dass man dann sofort wieder Angriffskunststücke machen kann? Papier, nichts als Papier.)

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