Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
02.11.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
2.11.1914

Skole: Artilleriekampf. Gegner sammelt Kräfte bei Bolechów. Vorstoß gegen feindlichen rechten Flügel eingeleitet. 12. Lst. trifft in sehr erschöpftem Zustand mit auf halb reduziertem Stand erst am späten Nachmittag ein.

            4. Armee. 9 Uhr vm. VI. wies feindlichen Angriff auf Schloss Rudnik ab; XIV setzt Angriff auf Nisko fort, bei Brandwica übergegangener Teil der Russen bis in die Waldparzelle östlich Posanie zurückgedrängt. Russen schwere Verluste; bisher 400 Gefangene, 3 MG.

            3. Armee. 9 Uhr vm. Nacht ruhig, nur geringe Plänkeleien.

            2. Armee 9 Uhr vm. Stary Sambor noch nicht in unserem Besitz; Situation günstig. –

            Abends eine rechte Allerseelenstimmung. Der Rückzug des ganzes Heeres ist beschlossen; leider in westlicher Richtung. Veranlasst wird dieser Entschluss durch ungünstige Meldungen vom rechten Flügel der 1. Armee und vom linken der 4. – Ich halte dafür, dass man mit dem Rückzug der 2. und 3. jedenfalls warten, ja sogar den Erfolg der 2. vervollständigen sollte. Und wozu diese Angst vor den Karpaten ? Die sind doch kein Hochgebirge! – Lorx sagt mir, der Erzherzog sei ganz gebrochen. Vom Kaiser bekomme er häufige, sehr liebe und noch immer recht zuversichtliche Briefe. Kaiser Wilhelm schrieb oder telegrafierte, er könne nicht ein Bataillon aus Frankreich herausziehen, weil sonst die Gegner sofort offensiv würden; gleichwohl hoffe er in absehbarer Zeit auf den Erfolg. – Es mehren sich die Anzeichen, dass Griechenland an Seite Serbiens eingreifen wolle; ich bin der Auffassung, dass man Italien gegen Griechenland vielleicht doch noch ausspielen könnte.

            Abends ein Telegramm des neuen deutschen Chefs des Generalstabes, wesentlicher Inhalt: Unterstützung durch starke deutsche Kräfte nicht abgelehnt, sondern nur verschoben, bis Sicherung deutscher Stellung im Westen erreicht ist, was hoffentlich bald der Fall sein wird. Weiters wird Hoffnung ausgesprochen, dass es der altbewährten österreichischen Tapferkeit gelingen wird, die Russen im Verein mit den durch mehrere Divisionen verstärkten deutschen Kräfte so lange hinzuhalten. –

            Nun die Tagesmeldungen: Nein noch ein Telegramm Bolfras: Kaiser Wilhelm antwortete, dass abgesehen von stärkerer Kavallerie, jetzt keine beträchtlichen deutschen Kräfte nach Osten verschoben werden können. Dort sei hinhaltendes Verfahren anzuwenden.

            4. Armee. 120 nm. 106. ITD der 1. Armee kann sich wegen übermächtigen Angriffes nicht mehr länger halten. Verfügung: Wenn durch Zurückgehen 106. linder Flügel XIV. gefährdet, so ist Flügelgruppe in Linie Sandomierz-Leybach-Zbydniów zurückzunehmen. Bei weiterem Zurücknehmen 1. Armee müsste auch linker Flügel 4. zurückgezogen werden. XIV. und 39/VII. derzeit in heftigem Kampf. 2 Uhr nm.: Situation bei 106. viel günstiger. –

            1. Armee. 245 nm.: X. meldete mittags, dass 2. mit viel Mühe noch ihre Stellung hält, rückgängige Bewegungen bei 24 und 45 wieder zum Stehen gebracht; auch 106 sucht verlässlich, Stellungen wieder zu nehmen. Daher vielleicht noch möglich, heute Stellung in ihrer Gesamtheit zu halten. Das Kritische der Lage liegt jedoch darin, dass die Truppe nicht mehr in der Lage sein wird, einem Nachtangriff standzuhalten, weil keine einzige Reserve vorhanden ist. Meixner meldet weiter, dass wenn es die Gesamtlage nicht unbedingt erfordern sollte, X. seinem Schicksal zu überlassen, die heutige Nacht dazu zu benützen wäre, sich aus der Stellung loszuschälen und hinter die Koprzywianka zurückzugehen. AK befahl X. nicht zurückzugehen; wenn geworfen, sich an der Koprzywianka zu sammeln und erneuert Widerstand zu leisten. „Da keine Truppe mehr zur Verfügung, kann ich auch jetzt, wie ich es bereits in 13 Befehlen tat, nur mit Worten die Korps zum weiteren Ausharren in der befohlenen Stellung anspornen und befehligen.“

            2 Uhr nm. Meldung: Starke Feindkolonne von Opatow über Czernikow gegen Kochow im Anmarsch. –

            345: 2. geworfen, X. geht an Koprzywianka abwärts Krepa zurück.

            530 Anfrage, ob mit Rücksicht auf eingetretene Lage am unteren San morgen ein zähes Festhalten an der Koprzywianka platzzugreifen habe. 540 Munitionssituation bei X. ungünstig.

            1045 X ging in Linie Koprzywianka -Klimontów-sö. Iwaniska zurück; V. steht Iwaniska-Lagów; I. in seiner Stellung; GRes. westlich Kielce; Kavalleriekorps Hauer nordwestlich davon bis Mnin. Feind drängte X. scharf nach, Kampf dauerte bis 6 Uhr nm. 5. ITD Nachmittag heftig angegriffen, hielt sich. – Vor dem Rasten I nur Artilleriekampf. – Eintreffen mehrerer starker feindlicher Kolonnen nordwestlich Kielce.

            1235 n.: Rückzugdisposition 1035n.: Loslösen vom Gegner teils in Nacht zum 3.11., teils bei Morgengrauen des 3.11. „Da sich vorläufig nicht überblicken läs, wie sich das Loslösen vom Feind gestalten wird, wird bloß verfügt, dass sich die Korps im Laufe des 3. mit den feindwärtigen Teilen möglichst weiter vom Feind zu entfernen haben und insbesonders selbstständig für die Sicherung seiner Flanken zu sorgen haben. Am 3.11. erwünschte Widerstandslinie: etwa Staszów Checiny; GRes, nach Naglowice. Wegen Abbruch Gefechtes bei Kielce direktes Einvernehmen.

            4. Armee 4hnm Zurückgehen X. zwingt XIV. bis Tarnobrzy-Kszadka zurückzunehmen. Daher Verbleib übriger Teile 4. Armee am San unmöglich, vielmehr notwendig, wenn Rückzug in westlicher Richtung durchgeführt werden soll, ihn sofort zu befehlen und in heutiger Nacht zu beginnen. (Dieser Satz ist sehr charakteristisch; auch dieses Armee Kommando scheint das Gefühl zu haben, dass die westliche Richtung nicht zweckmäßig ist).

            7 Uhr nm. Rückzugsdisposition. XIV., VI. und linker Flügel II. bis 3.1.. abends in Linie Tarnobrzeg-Ležajsk.

            8 Uhr nm. Armee hat Ausgabe der Rückzugsdisposition noch zurückgehalten, weil vielleicht durch Mitteilung Hauptmann Pokorny neue Situation geschaffen. – Antwort: Es bleibt beim Rückzuge.

            2. Armee. 445 starker Verlust der Russen in den letzten Tagen. 2400 Gefangene gemacht. Namhafte Zahl noch bei den Truppen in vorderster Linie. Feind wird in Richtung Sambor energisch verfolgt.

            530: Feind hält noch immer die Höhe beiderseits St. Sambor-Zalarski.

            1020: Eindruck, dass südlicher Flügel (31., 1.Lst.) am Verfolgungsmarsch ist. Nach konfidentiellen Nachrichten sollen die Truppen, die bei Chyrów-Przemyśl gekämpft haben, nach Grodek zurückgehen. Beim Gegner Pferdematerial abgemagert, unbrauchbar, Mangel an Proviant. Russische Truppen misshandeln angeblich russophile Bevölkerung, weil diese zur Überzeugung gelangt ist, dass sie nicht unterdrückt wurde.

            Pflanzer. Infanterie und Artillerie kämpfte, speziell am rechten Flügel. Vorstoß auf feindlichen rechten Flügel in weiterer Durchführung; auch einen auf linken in Vorbereitung: Zweck Höhen westlich von Bolechów und nördlich Stryj Fluss, Synowucko in Besitz zu nehmen.

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