Auf den Spuren der Wahrheit

Tagebucheintrag vom
17.11.1914
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Kaiser
Tagebucheintrag von
Karl Schneller
Erklärung
17.11.1914

ergeht ein langes chiffriertes Telegramm an die Deutschen, das darauf hinweist, dass Österreich-Ungarn bisher die Last des Krieges gegen Russland getragen hat – und zwar in einer in der Geschichte noch nicht dagewesenen Selbstlosigkeit (!) und das Freiwerden unserer Kräfte zur Wahrung der Interessen der Monarchie betont. Diese Depesche resümiert wörtlich: Aus dieser Darlegung der Lage möge Euer Exzellenz ersehen, dass ich nur im gemeinsamen Interesse und nur deshalb seit einem Monat auf die Verwendung starker deutscher Kräfte gegen Russland hinarbeite, weil ich eben den Augenblick herannahen sehe, der die Verwendung unserer Hauptkräfte gegen den tief in die Monarchie eindringenden Feind gebieterisch fordern würde. Wenn daher auch hierseits alles darauf abzielt, durch Einsatz der 1., 2. und 4. Armee westlich der Weichsel gemeinsam mit den deutschen Kräften den durch die glänzenden Aktionen der Deutschen 9. Armee angebahnten, aber vorläufig noch nur partiell und noch nicht dauernd sichergestellten, großen Erfolg zu erzielen, so muss doch auch darauf Bedacht genommen werden, nach letzteren die österreichisch ungarischen Hauptkräfte auf das östliche Weichselufer zu führen, um hier die Entscheidung gegen den nach Ungarn vordringenden Feind zu erzwingen. Diese für uns vitale Aktion erfordert aber den rechtzeitigen und rechtsörtlichen Einsatz der aus dem Westen zu erwartenden deutschen Kräfte, um die eigenen gesichert frei zu bekommen und darauf bezieht sich die hierstellige Bemerkung bezüglich der zu fassenden weiteren Entschlüsse. –

            Meldungen und Nachrichten:

            3. Armee. Russische 8. Armee nahm energische Offensive gegen den Beskid – und Uzsokpass auf; Auszug mit 2 ½ Divisionen gegen Uzsok-Pass, mit 5 ½ Divisionen gegen Cisna-Komaneza. Um Beskidpass verlässlich in der Hand zu behalten, wurde dem Kommandanten des VII. Korps die 28. ITD temporär zur Verfügung gestellt. – 430 nm.: XI. erbittet Weisungen. Von Ropa auf Grybów starke feindliche Infanterie Kolonnen. – 525 n. Feindliche Kavallerie östlich Grybów durch unser Artillerie Feuer aufgelöst. XI. Korps befiehlt: 30 Divisionen Dabrowa marschbereit, 11. will und bleibt Limanowa. 725 n. VII: Eingedrückt gewesener rechter Flügel heute früh wieder genommen; Gegner setzt neuerdings zum Angriff gegen diesen Flügel an. Krautwald in heftigem Kampf. III. unverändert; Marsch starker feindlicher Infanterie auf Dukla. IX.: Starke feindliche Kavallerie im Marsch auf Gladyszów; Vortreibung dieses Gegners angeordnet.

            4. Armee. Unter fortwährendem ernsten Kampf in Linie Wierzbno-Iwanowice (XIV, Teil VI) und sodann abgebogen in Angriffsrichtung gegen Nordwest auf Skala Teil VI.

            1. Armee. 1055 vm: Nach vorliegenden verlässlichen Kundschafter Nachrichten heute auf der ganzen Front russischer Angriff zu gewärtigen. Sollten die Russen wider Erwarten bis 12 Uhr nicht angreifen, so wird ganze erste Armee zu dieser Stunde zur Offensive übergehen. – X begann 6 Uhr vm. Vorrückung, tritt mit rechtem Flügel bald in den Kampf. V. geht im Anschluss an X vor. 6.45: II hat feindlichen Angriff abgewiesen. Eigener Angriff des rechten Armeeflügels im langsamen Fortschreiten. Soweit bekannt, gestern und heute 2500 Gefangene gemacht. 2 MG erbeutet.

            4. Armee. 720 abends. Auch XVII. Korps im Kampf, am rechten Armeeflügel bei Igolomia. Armee hat im ganzen etwa 8 Divisionen gegenüber. – Angriff wird morgen fortgesetzt.

            1. Armee. 825 nm.: X fand starken Widerstand und ist teilweise auch infolge des Nebels, der Artillerieunterstützung erschwert, nur wenig vorgekommen. V nördlich davon teilweise auf 400 herangekommen; Ergebnis noch nicht bekannt. Bei II. einzelne kurze Offensivstöße. –

            Woyrsch. 8 Uhr nm. Sämtliche Angriffe des Feindes abgewiesen.

            4. Armee. Gruppe Nikić: Nun Raba von Bochnia bis nördlich Miklaszowiece; Reserve hinter linkem Flügel, bereit auf nördliches Weichselufer überzugehen.

            3. Armee 17.11. 510 vm. II. und IX. Korps haben angesichts des Eintreffens starker feindlicher Kräfte vor ihren Fronten ernste Bedenken gegen die Gruppierung zum Angriff in östlicher Richtung. AK fügt bei: 44. Landwehrbrigade und 56. I. Brig. mussten gestern beim erschöpften VII. am Beskid eingesetzt werden, um diesen zu halten. Es verblieben zum befohlenen Angriff nach Nordosten und Osten nur IX, 6. ITD und je ½ 22 und 28, was dermalen an Gefechtswert zusammen kaum 2 ITD repräsentiert. Befohlener Angriff aus gegenwärtig befestigter Stellung unter den Geänderten Verhältnissen (starker Feind bei Zmigrod und Dukla) involviert Gefahr, auch diese Linie sofort zu verlieren. Hingegen hätte Gegenstoß nach Angriff des Gegners eventuell Chance. Daher Entschluss: Klärung der Situation abwarten, dann handeln.

            9. Armee. Grenzschutzgruppe Grabow bis Chajów, GG. Kalisch bis östlich Warta gelangt. Kav. K. Frommel (5., 7 öu, 8. KTD) vermutlich östlich Warta, Hauptkräfte deutscher 9. Armee (9 ITD) im Vordringen über Linie Poddebcie-Ozerkow-Glowno gegen die sich in Linie Stryków-Kazimierz gruppierende 2. russische Armee. Deutsche 6. und 9. KD Koluszki vermutet. Bei Plock greift deutsches I.R.Kps. mit starkem rechten Flügel über Gabin gegen die an die Weichsel gedrückten russischen Kräfte, etwa 5 Divisionen. Hauptreserve Thorn über Turza-Wilcza; deutscher Grenzschutz bis Soldau und Hauptreserve Graudenz, die I. turkestanisches Korps zum Rückzug nach Südosten zwingen, ebenfalls im konzentrischen Anmarsch gegen Plock. – So entwickelt sich auf der ganzen Front in Polen eine große Schlacht unter günstigen Bedingungen. Dementsprechend auch Stimmung gut. Man muss aber zugeben und dies gleich annageln: Hauptverdienst gebührt Hindenburg und Ludendorff, die eine derartige Operation, wie sei die 9. Armee ausführt, zustande bringen konnten. –

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