Auf den Spuren der Wahrheit

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Erklärung

Schneller-Tagebuch

Der vielseitig begabte k.u.k. Generalstabsoffizier Karl Schneller (1878 – 1942) war während der Jahre 1914-1917 eine der zentralen Persönlichkeiten des österreichisch-ungarischen Armeeoberkommandos (AOK). Als Mitglied der Operationsabteilung leitete er das Pressewesen des AOK, wurde als Berichterstatter an die Front entsendet und hatte entscheidenden Einfluss auf die Verteidigungsvorbereitungen gegenüber dem vorerst neutral gebliebenen Italien. Dementsprechend wurde er Vorstand der I[talien]-Gruppe und unterstützte Generalstabschef Conrad in dessen Streben nach einer offensiven Kriegführung gegen Italien.

Als Italien-Spezialist stand Schneller auch nach seiner Abberufung aus dem AOK ab April 1917 auf wichtigen Posten der Südwestfront und trat 1918 als Mitglied der Waffenstillstandskommission von Villa Giusti nochmals an einer entscheidenden Stelle der österreichisch-ungarischen Geschichte in Erscheinung.

Das Original des mit Insiderwissen prall gefüllten persönlichen Tagebuches Schnellers ist in Kurzschrift nach dem System „Gabelsberger“ überliefert und wurde erst in den 1970er-Jahren in Maschinschrift übertragen. Trotz einer Überlieferungslücke (22.4.1917-20.1.1918) – glücklicherweise nach Schnellers Dienstzeit im AOK – und kurzen urlaubsbedingten Unterbrechungen steht dieses Tagebuch an Bedeutung gewiss keinem anderen „Ego-Dokument“ des Großen Krieges nach.

Kaiserberichte

Hatte auch Kaiser Franz Josef den ihm vorbehaltenen Oberbefehl bei Kriegsbeginn an Erzherzog Friedrich delegiert, so bestand der Monarch doch auf einer eingehenden Berichterstattung über die militärischen Ereignisse. Der Kaiser und nicht zuletzt sein militärisches Leitungsinstrument, die „Militärkanzlei Seiner Majestät“ (MKSM) beanspruchten durchaus eine gewisse Kontrollfunktion gegenüber dem Armeeoberkommando (AOK) und in kritischen Situationen waren Eingriffe – vor allem auf bündnis- und militärpolitischem Gebiet – nicht selten. Diese Konstellation gewann unter dem eine aktivere Rolle anstrebenden Kaiser Karl noch an Gewicht.

Die vom AOK an die MKSM geleiteten Berichte sollten nur tatsächlich Geschehenes, nicht aber operative Absichten enthalten. Obwohl die Kaiserberichte die Ereignisse zumeist offener und eingehender darstellen als die für die Öffentlichkeit gedachten Communiqués – diese sind den zeitgenössischen Tageszeitungen zu entnehmen – kam es zwischen der auch durch andere Kanäle informierten MKSM und dem AOK zu manchem Konflikt über das Ausmaß und die Intensität der Berichterstattung.

Die Kaiserberichte liegen anfänglich zumeist handschriftlich, bald ausschließlich als Typoskripte vor, wie sie aus den verschlüsselten Telegrammen dechiffriert wurden. Unter Kaiser Karl, der in mancher Hinsicht Vereinfachungen und Modernisierungen anstrebte, wurden die Kaiserberichte in ihrer Form als „Hughes-Telegramme“ abgelegt und somit als schriftliche Produkte dieses frühen aber äußerst effizienten und in der k.u.k.Armee weit verbreiteten Fernschreibersystems.

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