Georg Trakl

Der Lyriker Georg Trakl galt als ein „Abtrünniger der bürgerlichen Welt“ – hoch neurotisch und manisch-depressiv, schwer alkohol- und drogenabhängig, von inzestuösen Obsessionen und Visionen des Apokalyptischen getrieben.  Am 5. August war er im Zuge der allgemeinen Mobilisierung zur Dienstleistung als Militärapotheker im Range eines „Medikamentenakzessisten“ eingerückt. Mit seinem Sanitätskorps kam er vom 8.-11. September 1914 in der zweiten Schlacht bei Lemberg zum Einsatz, wo, in der Nähe von Grodek, die k. u. k. 3. Armee auf einen Stoßkeil der Brussilow-Armee traf. Die an Material und Truppenstärke eklatant unterlegenen habsburgischen Verbände erlitten eine verheerende Niederlage, verloren zwei Drittel ihrer Offiziere und die Hälfte der Mannschaft, mussten sich in Chaos und Panik fluchtartig in Richtung Przemysl zurückziehen.

Das traumatische Kriegserleben ist in dem postum veröffentlichten Gedicht Grodek, das zu den bedeutendsten der deutschen Literaturgeschichte zählt, verarbeitet. In einem letzten, in der Psychiatrie des Garnisonsspitals in Krakau geführten und 1926 publizierten Gespräch wird das Geschehen näher skizziert: Trakl war über zwei Tage lang zur Betreuung von neunzig Schwerverwundeten, die in einer Scheune nahe dem Ortszentrum ohne medizinische Versorgung dahinvegetierten, eingesetzt. Als einer der Verwundeten sich vor seinen Augen erschoss und Trakl daraufhin in tiefer Verstörung ins Freie stürzte, fand er sich plötzlich erneut mit einem schier unfasslichen Szenario, einem weiteren Bild des Grauens konfrontiert: An den um den Hauptplatz gruppierten Bäumen hingen zahllose Leichen einheimischer ruthenischer Landarbeiter, von österreichischen Militärbehörden als mutmaßliche Hochverräter justifiziert – Trakl bricht physisch wie psychisch zusammen.

Nach einem ersten Selbstmordversuch wird er zur Beobachtung seines Geisteszustandes in die Psychiatrie des Garnisonsspitals Krakau eingeliefert, wo er die letzten vier Wochen seines Lebens verbringt und immer wieder den Wunsch nach Versetzung an die Front äußert. Am 3. November 1914 verstirbt er, nachdem er einen Tag lang bewusstlos in seiner Zelle gelegen war, 27-jährig an einer Überdosis Kokain. Noch wenige Tage zuvor hatte Trakl per Korrespondenzkarte um ein Treffen mit Ludwig Wittgenstein ersucht, der zwar nicht mehr rechtzeitig eintreffen sollte, sich in der Folge aber intensiv mit der Lyrik Trakls auseinandersetzt: „Ich verstehe sie nicht; aber ihr Ton beglückt mich. Es ist der Ton der wahrhaft genialen Menschen.“

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