Albin Egger-Lienz

Unter den wenigen Tiroler Künstlern, die offiziell mit dem Titel „Kriegsmaler“ für das Kriegspressequartier in den Jahren 1915-1917 arbeiteten, ist der Name Egger-Lienz zu finden. Der in Osttirol geborene Künstler ist in vieler Hinsicht ein Einzelgänger, der unabhängig von zeitgenössischen Strömungen einen eigenen Stil entwickelte und dessen künstlerisches Oeuvre durch die Themenkreise Bauerntum, Krieg und Religiosität bestimmt ist.

Egger-Lienz  studierte von 1884 bis 1893 an der Akademie der Bildenden Künste in München, wo eine traditionelle Historienmalerei mit einem Hang zu ländlichen Motiven gelehrt wurde. Bis zu seiner Heirat 1899 arbeitete er in München, dann in Wien bis 1910, unterbrochen von regelmäßigen Reisen nach Ost- und Südtirol. Ab 1894 waren Werke von ihm auf größeren Ausstellungen in Berlin, Wien und München vertreten. Der Bruch mit dem Akademismus der Münchner Jahre erfolgte zwischen 1904 und 1906. Egger-Lienz übernimmt die Kompositionstechniken des Schweizer Malers Ferdinand Hodler (1853-1918). Großformatige, flächenbetonte Monumentalwerke entstanden. Seine Bemühungen, eine Professur an der Wiener Akademie zu erhalten, scheiterten mehrmals, 1912/1913 wurde er Professor an der Hochschule für bildende Kunst in Weimar.

Für die 1912 in Dresden stattfindende Große Kunstausstellung plante Egger-Lienz seinen Durchbruch. Doch nicht er, sondern Ferdinand Hodler wurde als Begründer einer modernen monumentalen Malerei gewürdigt. In der Folge verfasste Egger-Lienz eine Streitschrift mit heftigen Attacken gegen Hodler und andere international renommierte Künstler. Die moderne Kunst wurde als gemachte Mode denunziert, Munition für deutschnationale und reaktionäre Kreise in ihrem Kampf gegen die „Überfremdung“ der deutschen Kunst durch die moderne internationale Kunst. Egger-Lienz wurde so mehr durch seinen Kunststreit als durch seine Kunst weiten Kreisen bekannt.

In den Jahren als Kriegsmaler schuf er ein facettenreiches Werk mit Motiven aus den Stellungen – z. B. Mörserbatterien, Soldaten, Landschaftsskizzen und Naturstudien sowie eine Reihe großformatiger Gemälde (Uhnow 1914 1915; Den Namenlosen 1914 1916, Nordfrankreich 19171917; Das Leichenfeld 1917/18) ohne jegliche Heroisierung. Seine Gemälde aus der Nachkriegszeit (Totenopfer 1918 und 1923; Missa Eroica 1918 – nur in Fotografie erhalten; Finale 1918; Die Kriegsfrauen 1918/1922) sind Schreckensbilder des Massenkriegs und der Vernichtung.

1919 wurde Egger-Lienz erstmals konkret eine Professur in Wien angeboten, doch blieb er in Südtirol – er war seit 1913 in St. Justina bei Bozen ansässig – und erwarb – vom italienischen Staat hofiert –  das Bürgerrecht, 1923 die italienische Staatsbürgerschaft.

Trotz der religiösen Dimension fand sein für die Zwischenkriegszeit vergleichsweise modernes künstlerisches Werk im Ständestaat keine Würdigung. Dafür wurden sein Lob der Volkskunst und seine Ablehnung der Moderne von der nationalsozialistischen Kulturpolitik aufgegriffen. 1938 wurde ihm eine große „Anschluss-Ausstellung“ gewidmet, der aber rasch wieder eine Distanzierung folgte. Diese Vereinnahmung und kurze offizielle Wertschätzung beschädigten seinen Ruf nachhaltig und verhinderte, das Egger-Lienz als Vertreter einer österreichischen klassischen Moderne rezipiert wurde. Eine Neubewertung seines Werkes wurde durch die ersten wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit der Kunst des Dritten Reiches in den 60er Jahren in Deutschland verhindert. In einem Standardwerk findet sich sein Name in einer Liste von Künstlern, die von den Nationalsozialisten für vorbildlich gehalten wurde. Seine Sujets – Bauern und Soldaten – reichten zur Untermauerung aus. In „linken Kreisen“ wird sein Werk als pazifistische Anklage gewertet. International erlosch das Interesse an ihm. Erst in den letzten Jahren setzte eine neue Auseinandersetzung mit seinem Werk (Ausstellungen 2008 im Leopold-Museum; 2010 in Rotterdam, 2012 in Kitzbühel) ein.

Maler Albin Egger-Lienz beschreibt eines seiner Bilder, bei dem das Gefecht von Uhnow 1914 als Vorbild gedient hat.

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