Kriegsfotografie
Kriegsfotografie

Photographie – Bilder des Unfassbaren

Im Rahmen der Aktivitäten des Kriegspressequartiers wurde besonderes Augenmerk auf die  „modernen“, für die Zwecke der Massenpropaganda wohl geeignetsten Medien, Film und Photographie, gelegt. Die in offiziellem Auftrag von Bildagenturen oder professionellen Kriegsberichterstattern angefertigten Kriegsgenrebilder und Frontreprotagen sind oftmals von geradezu erstaunlich hoher formaler wie technischer Qualität. Sie fanden, nach Prüfung durch die Zensur, ihre massenhafte Verbreitung in Wochenillustrierten und eigens zu diesem Zweck eingerichteten Propagandablättern. Es galt, in den photographischen Darstellungen der Kampfhandlungen und des soldatischen Alltags die Schrecken und Gräuel des modernen Maschinenkrieges zu beschönigen: Eine anschauliche, nachvollziehbare, von Männlichkeitskult und Todesverachtung zeugende Heldenlegende sollte vermittelt werden. Zudem war der bildliche Nachweis über das militärische Unvermögen und die moralische Verkommenheit des Gegners zu führen („Wie die Italiener ihre eigenen Kulturdenkmäler zerstören!“). Feindliche Gefallene, vom Feind verwüstete Landschaften, Dörfer, Städte bilden ein immer wieder kehrendes Motiv, ebenso wie feindliche Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung oder russische und italienische Kriegsgefangene in häufig beinahe bedrohlicher Massierung. Gelegentlich, in den Portraitdarstellungen russischer oder serbischer Gefangener, ab und an auch „russophiler“ Spione, dienen die Abbildungen dem Nachweis, oder besser: der Denunziation rassischer Minderwertigkeit. Dem gegenüber wird, zu Zwecken der Identifikation und Identitätsbildung, die „Verbildlichung“ der eigenen Überlegenheit gestellt: Das herausragende patriotische Engagement der Mitglieder des österreichisch-ungarischen Hochadels, der vorbildhafte Einsatz der Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten – sei es als Krankenschwester im Feldlazarett oder als Arbeiterin an der „Heimatfront“ – oder aber die Kulturarbeit und karitative Tätigkeit der habsburgischen Soldaten unter der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten.  

In der ungefähr 300.000 Einzelobjekte umfassenden Weltkriegsfotosammlung des Kriegsarchivs im Österreichischen Staatsarchiv finden sich aber auch andere, von der inszenierten, kriegsoffiziellen Bildlichkeit markant abweichende Dokumente. Es ist eine von der Zensur unterdrückte, nicht zur Veröffentlichung vorgesehene Bilderwelt des Schreckens und der Gräuel. So hat die Kamera häufig Szenarien festgehalten, die die traumatische, grauenhafte Realität des Krieges ebenso schockierend wie ungebrochen zum Ausdruck bringen: Die Vielzahl, Schwere und Neuartigkeit der Verwundungen und Verletzungen, die zerrissenen, zerfetzten, zerschossenen Toten, die Kadaver und Leichenberge im Gefolge der Schlachten, das namenlose Leiden der Flüchtlinge und der zivilen Bevölkerung, die Hinrichtungen und Erschießungen durch eine aus allen Fugen geratenen Militärjustiz. Eine eigenartige, eigenwillige Aura umgibt diese in den Sammlungen der führenden Kriegsberichterstatter oder in eigens angelegten Alben von Frontoffizieren erhaltenen Bilddarstellungen. In ihrer Ästhetisierung der Vernichtung, in ihrer häufig hoch entwickelten formalen und kompositorischen Kompetenz, in ihrem Festhalten des bislang Undenkbaren geht von ihnen eine Faszination aus, der sich auch der kritische Blick nur schwerlich zu entziehen vermag. Und gerade dadurch verweisen sie auf Dimensionen des Abgründigen, Dunklen, die auf konventionellem Wege nur schwer fassbar sind. In diesem Sinn sind die Fotos gnadenlos, konkret, enthüllend; sie veranschaulichen das ganze Grauen des Krieges, ver(sinn)bildlichen das Unaussprechliche, legen das Unsagbare frei.

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