Einleitung

Dass der Krieg von Beginn an in den Alltag der gesamten Bevölkerung Österreich-Ungarns – wie der anderen kriegführenden europäischen Staaten auch – eingriff, ist dem kollektiven Gedächtnis durchaus nicht ganz verloren gegangen. Zum Bangen um die im Feld befindlichen Angehörigen gesellte sich bald die generelle Sorge vor einer ungewissen Zukunft, genährt durch das Ausbleiben der erhofften entscheidenden Siege und der Etablierung des Krieges als Dauerzustand. Ein Dauerzustand, der bald gravierende wirtschaftliche und soziale Veränderungen spürbar werden ließ. Dass eine Rückkehr der gewohnten Verhältnisse der Vorkriegszeit nicht mehr eintreten würde, war bald abzusehen und es konnte dies ja auch der Mehrzahl der Menschen nicht erwünscht sein, so sehr auch später für viele der erlebte Kontrast zwischen Krieg und Frieden einer  retrospektiven Verklärung der Zeit vor 1914 Vorschub leistete. 

Der Krieg zwang fast jeden, einen Teil der gemeinsamen Anstrengung zu tragen und so schickte man sich mit wachsendem Widerwillen in die Mühseligkeiten einer sich intensivierenden Mangelwirtschaft , die im Lauf der Kriegsjahre einen immer beträchtlicheren Teil an Energie und Zeit verschlang, um sich im Rahmen der „Bewirtschaftung“  durch stundenlanges Anstellen, aber auch durch „Hamsterfahrten“, Tauschhandel, Schmuggel und „Organisieren“ die notwendigsten Lebensmittel zu sichern. Dass es daneben Personengruppen gab, die sichtlich weniger oder keinen Mangel litten, denen der Krieg und somit das Leid der anderen zu Wohlstand verhalf, stellte keinen idealen Nährboden für einen späteren sozialen Frieden dar. Je näher zur Front sich die engere Heimat befand, desto mehr musste man sich gewöhnen an den militarisierten Alltag der „Etappe“, des „Engeren“ und „Weiteren Kriegsgebietes“, wo die Bevölkerung unterschiedlichen Restriktionen (Reisebeschränkungen, Ausgangssperren etc.) ausgesetzt war. Zum gewohnten Anblick wurde das Durchziehen von Verwundeten, Gefangenen, Flüchtlingen und Deportierten, deren Schicksal es war, im Hinterland Städte, Lager und Lazarette zu füllen. 

Auch beim Militär wich der Glaube an ein<s>e</s> baldiges Kriegsende rasch einem Alltag, der durchaus nicht dem Klischee vom heldenhaften Kampf entsprach. Die in Uniformen gesteckten Zivilisten mussten bald feststellen, dass die ihnen genommene Selbstbestimmung durchaus nicht abgegolten wurde durch eine gesicherte Versorgung mit Nahrung, Bekleidung  und hygienischen Vorkehrungen. Vor allem zu Kriegsbeginn folgte dem eigentlichen Kampf ein alltäglicher Kampf ums Dasein. Noch hatte man keine Übung darin, die durchaus vorhandenen Nahrungsmittel und Speisen auch an den Mann zu bringen, zeitgerecht die durch wochenlange Märsche auf schlechten Wegen zerstörten Schuhe und Uniformen zu ersetzen und rechtzeitig in ausreichendem Maß für wärmere Bekleidung zu sorgen. Tatsächlich bewältigten die Etappenbehörden auf Grundlage der Erfahrungen des ersten Kriegsherbstes und –winters ab Frühjahr 1915 ihre Aufgaben sehr viel besser und man wusste das moderne Kriegsmittel „Fahrküche“ zur Geltung zu bringen. Das teilweise über viele Monate dauernde Erstarren der Fronten bescherte den Soldaten nicht nur wohltuende Etappeneinrichtungen wie Badeanstalten, Soldatenheime und Feldkinos, sondern man versuchte – einen zivilen Alltag simulierend - sich überhaupt, so gut es eben ging, wohnlich einzurichten, sei dies im Schützengraben, in selbst gebauten Hütten oder in kleinen Barackendörfern mit Birkenholzbänken und Gemüsegärten.

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