Polen

Die k. u. k. Militärverwaltung im besetzten Polen 

Russisch Polen wurde im Sommer 1915 von deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen besetzt und stand seither unter Militärverwaltung der Mittelmächte. Das Zentrum der deutschen Militärverwaltung lag in Warschau, für das österreichisch-ungarische Okkupationsgebiet wurde das „k.u.k. Militär-General-Gouvernement in Polen“ in Lublin eingerichtet. 

Der bekannte Dichter Hugo von Hofmannsthal, der damals als Oberleutnant im Kriegsfürsorgeamt des Kriegsministeriums tätig war, verfasste 1915 einen Essay mit dem Titel „Unsere Militärverwaltung in Polen“. Er schrieb darin einleitend: 

„Mitten in der harten Arbeit des Krieges wird seit vielen Monaten von uns ein Stück Friedensarbeit geleistet …: die Verwaltung der von unseren Truppen besetzten Gebiete von Kongreßpolen.“  

Deutschland war bekanntermaßen in militärischen wie wirtschaftlichen Belangen der stärkere Bündnispartner. Österreich-Ungarn hingegen heftete sich wegen seiner Multilingualität die höhere soziale Kompetenz im Umgang mit okkupierten Völkern an seine Fahnen. 

Dazu Hofmannsthal: „Der Deutsche schöpft aus dem Vollen, … bei uns bleibt viel der Improvisation überlassen.“ Andererseits übten „unsere“ Besatzungsoffiziere die „Fürsorge eines guten Hausvaters“ und es sei „die Gabe unserer Armee, mit Menschen allerlei Erdreichs leben zu können, wie sie selber aus Elementen allerlei Erdreichs zusammengesetzt ist.“ 

Jedenfalls entspricht der immer wieder (auch von Hofmannsthal) thematisierte konfessionelle Vorteil und die behauptete Harmonie zwischen dem polnischen Katholizismus und der k. u. k. Armee nicht ganz den Tatsachen. Denn kurioserweise stieß gerade die katholische Besatzungsmacht auf die Ablehnung des polnischen Klerus, der zum Teil mit den russenfreundlichen Nationaldemokraten sympathisierte. 

Im Grunde hatten beide Okkupationsmächte ähnliche Probleme und Haltungen: Zwar wurde das Land im Interesse der eigenen Kriegführung ausgebeutet, doch waren beide Militärverwaltungen um Wahrung der nationalen Eigenheiten und Förderung eines eigenständigen polnischen Schulwesens bemüht. 

Das Land war anfänglich nicht nur durch die Okkupationstruppen beschädigt worden. In erster Linie hatte die „eigene“ zaristische Armee das Land seiner Ressourcen beraubt: Schlacht- und Milchvieh, Eisenbahn- und Industrieausrüstung, sogar behördliche Unterlagen waren weggebracht worden, sodass sich die neuen österreichischen Verwaltungsorgane die landeseigenen Gesetzesvorschriften außerhalb des Landes in Galizien beschaffen mussten. 

Die Okkupanten bemühten sich nach Kräften, auch im eigenen Interesse, das Land wieder aufzubauen, vor allem das unzureichende Straßennetz zu verbessern, dennoch herrschte eine permanente Mangelwirtschaft. Infolge der knapper werdenden Rohstoffe gewannen erneuerbare Materialien an Bedeutung. 

Die wirtschaftlichen Probleme in den besetzten Gebieten waren denen des eigenen Hinterlandes nicht unähnlich. 

Das Kriegsarchiv zeigt dazu einige ausgewählte Beispiele: 

Bei den Mittelmächten wurde wegen der Verknappung von Baumwolle als Folge der Blockadepolitik der Entente zunehmend auf die Brennesselfaser zurückgegriffen und daraus der sogenannte „Nesselstoff“ für die Textilproduktion hergestellt. Voraussetzung für die Verwertung der Brennesselfaser war das Sammeln der Blätter und Stängel dieser Pflanze in großen Mengen. 

Im Bereich des k. u. k. Militär-General-Gouvernements in Polen wurde das Sammeln von Besatzungssoldaten und Schulkindern besorgt und dazu im Jahre 1916 eine praktische Anleitung ausgegeben. 

Während des Kriegs wurden die Transportkapazitäten auf der Schiene immer knapper und bedurften guter logistischer Planungen. Ein Beispiel dafür ist die Korrespondenz zwischen dem Kommando der k. u. k. Heeresbahn Nord in Radom und dem k. u. k. Kreiskommando Tomaszów im Juli 1916 wegen des Abtransports der Ernte. 

In Folge der prekären Ernährungslage kam es zur Festsetzung der Lebensmittelpreise durch die Okkupationsbehörde, das k. u. k. Militär-General-Gouvernement in Lublin (1917), zur Beschlagnahme oder Kontingentierung von Kartoffeln durch das k. u. k. Kreiskommando Lublin (1917). 

Dem Soldaten sollten im Hinterland wie auch in den besetzen Gebieten das Betreiben von Sport und das Lesen guter Bücher ermöglicht werden, um ihn von Alkohol, Glücksspiel und „Unzucht“ abzuhalten. Für die Verbreitung der vom Kriegsarchiv-Direktor Max von Hoen herausgegebenen Reihe „Soldatenbibliothek“ im besetzten Polen war die Bewilligung des k. u. k. Militär-General-Gouvernements in Lublin erforderlich (1916).

Die 12 Regeln der Brennnesselsammlung

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Lebensmittelversorgung

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Soldatenbibliothek

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Transportkapazitäten für die Ernte

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